Tag Archives: Rundfunkstaatsvertrag

Freie Medien brauchen Netzneutralität. Artikel von Prof. Dr. Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) der Universität Münster, promedia Special Medienforum NRW, Juni 2012

Anforderungen an eine Reform der Plattformregulierung im Rundfunkstaatsvertrag

Freie Medien brauchen Netzneutralität

Prof. Dr. Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) der Universität Münster

 

Bernd Holznagel
Bernd Holznagel

Die technische Funktionsweise des Internets steht vor gewaltigen Veränderungen. Auf Grundlage des Best-Effort-Standards wurden bislang alle Datenpakete gleich behandelt und von den Netzbetreibern ohne Kenntnisse ihres Inhalts transportiert. Neue Netzwerkmanagementtechniken erlauben es nun den Netzbetreibern, den Datentransport zu verlangsamen, zu blockieren oder zu priorisieren.

So werden schon heute die Dienste Skype und WhatsApp von zahlreichen Mobilfunkanbietern unterbunden oder mit höheren Entgelten belegt. Die Telekommunikationsnetzbetreiber wollen zudem die Möglichkeit einer Priorisierung nutzen, um unterschiedliche Diensteklassen einzuführen. Sie diskutieren derzeit einen Basisstandard, der nach dem Best-Effort-Prinzip funktioniert und dem bisherigen Breitbandangebot entspricht. Darüber hinaus soll es drei weitere Klassen geben, die auf Grund ihrer technischen Parameter besonders für die Sprach-, Video- und Liveübertragung geeignet sind. Höhere Diensteklassen können dann gegen eine angemessene Preisgestaltung vermarktet werden. Aus Sicht der Netzbetreiber führt an der Einführung dieses Geschäftsmodells kein Weg vorbei, da die überlasteten Netze dringlich ausgebaut werden müssen und hierfür Geld in die Kasse kommen müsse. Continue reading Freie Medien brauchen Netzneutralität. Artikel von Prof. Dr. Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) der Universität Münster, promedia Special Medienforum NRW, Juni 2012

Fragwürdiger Champions-League-Coup des ZDF. Goldmedia Gastkommentar auf kress.de von Clemens Appel, Geschäftsführer Goldmedia

Die Meldung hat bereits für einigen Wirbel gesorgt: Das ZDF erhielt vor wenigen Tagen den Zuschlag, ab der Saison 2012/2013 die Champions League zu übertragen, zunächst bis 2014/2015. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang: Verschiedene Bewerber bieten für TV-Rechte und einer erhält am Ende den Zuschlag.

Staatssekretär a.D. Clemens Appel

Eigentlich, – wären da nicht erhebliche Unterschiede in den Startpositionen der beiden Konkurrenten, die um die Rechte der Königsklasse des europäischen Vereinsfußballs geboten hatten. Der eine und bisherige Rechteinhaber – SAT.1 – muss die Kosten aus Werbegeldern und anderen Erlösen finanzieren. Natürlich auch durch Sponsoring – so sagen es die Ausschreibungsbedingungen der Europäischen Fußball-Union UEFA. Werbeeinblendungen der exklusiven UEFA-Sponsoren gehören deshalb heute zu den TV-Übertragungen der Champions-League dazu.

Der andere Bewerber – das ZDF – darf aber genau das ab 2013 nicht mehr, da Spon­sorenhinweise laut 15. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsendern nach 20 Uhr verboten sind – bis auf wenige Ausnahmen. Und doch bekam das ZDF den Zuschlag. Ganz offensichtlich konnte man den Rechteinhaber umstimmen, auf Sponsorenhinweise nach 20 Uhr zu verzichten. Liegt die Frage auf der Hand, womit hat das ZDF die UEFA überzeugt? Offenbar mit einem für die UEFA äußerst attraktiven hohen Gebot, eine Summe von mehr als 50 Millionen Euro pro Spielsaison wird genannt, finanziert aus Gebührengeldern. Continue reading Fragwürdiger Champions-League-Coup des ZDF. Goldmedia Gastkommentar auf kress.de von Clemens Appel, Geschäftsführer Goldmedia

Erkenntnisse aus den Marktgutachten im Rahmen der Drei-Stufen-Tests. Artikel in den media perspektiven 2/2011 von Runar Woldt

Bildquelle: media-perspektiven.de
Bildquelle: media-perspektiven.de

Der Artikel “Öffentlich-rechtliche Onlineangebote: Keine Gefahr für den Wettbewerb liefert eine profunde  Darstellung der komplexen Drei-Stufen-Tests.  Goldmedia verweist gern auf diesen Artikel. Autor des Artikels, erschiennen in den media perspektiven 2/2011, ist Runar Woldt.

Auszüge aus dem Artikel

“Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der erstmals Telemedien neben Hörfunk und Fernsehen als eigenständiges Element des öffentlich-rechtlichen Auftrags – und nicht lediglich als „programmbegleitend“ – definiert (9), etabliert entsprechend den Zusagen gegenüber der Europäischen Kommission ein „Verfahren zur Konkretisierung des allgemeinen Telemedienauftrags“ (10), den so genannten Drei-Stufen-Test. §11f des Rundfunkstaatsvertrags bestimmt, dass eine Rundfunkanstalt, die ein neues Telemedienangebot plant oder ein bestehendes Angebot verändern möchte, dem zuständigen Aufsichtsgremium (Fernsehrat oder Rundfunkrat) in einem „Telemedienkonzept“ darzulegen hat,

1. inwieweit das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht,
2. in welchem Umfang durch das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beigetragen wird und
3. welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist.“ (11)”

Aus dem Fazit:

“Die marktlichen Gutachten haben daher insgesamt ihre Aufgabe innerhalb der Drei-Stufen-Tests erfüllt. Darüber hinaus haben sie mit den gesammelten Daten und Informationen über die Verhältnisse in den deutschen Telemedienmärkten eine Transparenz geschaffen, die so vor Beginn der Drei-Stufen-Tests nicht vorhanden war. Dies sollte auch für die weitergeführte medienpolitische Diskussion von Nutzen sein. Voraussetzung ist allerdings, dass die vielfältigen Erkenntnisse aus den Gutachten von den an der Debatte Beteiligten auch zur Kenntnis genommen werden, statt altbekannte, nunmehr als widerlegt anzusehende Behauptungen über angeblich wettbewerbsverzerrende Wirkungen öffentlich-rechtlicher Telemedien zu wiederholen. (77)”

Zum kompletten Artikel

Abrüstung medienpolitisch oder: Wieviel Frieden bringt der Verzicht auf den Verzicht?

Von Dr. Tobias Schmid und Anne Pietrzak, RTL-Television, promedia 7/2010

Der „bittere Medienkrieg“, wie der bekannte Verteidigungsexperte Peter Boudgoust ihn nannte, endete vorerst am 10.6.2010 durch Kapitulation der Politik vor dem scheinbar Unberechenbaren. Es gab keine Gewinner.
Noch am Tag zuvor hatte sich die Rundfunkkommission der Länder in einem für deutsche Verhältnisse geradezu  spektakulären Schnellritt darauf geeinigt, die geräteabhängige Rundfunkgebühr durch eine pauschale Haushaltsabgabe zu ersetzen. Nach dieser Entscheidung muss sich dann aber akute Mutlosigkeit breitgemacht haben. Das ursprünglich geforderte Werbe- und Sponsoringverbot für ARD und ZDF, über das seit Jahrzehnten parteienübergreifend diskutiert wird und das in den vergangenen Wochen kaum noch einen ernstzunehmenden Gegner hatte, landete erneut in der medienpolitischen Zwischenablage. Vom großen Wurf bleibt nur das Verbot von Sponsoring nach 20 Uhr, mit Ausnahme von Sportereignissen. Diese Miniatur-Reform soll mit dem neuen Rundfunkstaatsvertrag 2013 in Kraft treten.

Dr. Tobias Schmid
Dr. Tobias Schmid, RTL Television

Anne-Mary Pietrzak
Anne-Mary Pietrzak, RTL Television

Warum sich in einem politischen Gestaltungsraum – noch weit von den Zwängen der Globalisierung entfernt und innerhalb klarer nationaler und föderaler Kompetenzen organisiert –  immer wieder eine derartige Mut- und Kraftlosigkeit breitmacht, ist Außenstehenden kaum zu erklären.

Vor- und Nachteile eines werbe- und sponsoringfreien öffentlich-rechtlichen Programms waren hinreichend diskutiert. Mochte man es lieber  bildhaft, konnte ein Blick aufs sogenannte Werberahmenprogramm ebenso Aufschlüsse bieten wie einer auf das wochentägliche Programmschema von ARD und RTL. Wer da noch substanzielle Unterschiede fand, die die signifikante Ungleichheit der Finanzierungsstruktur rechtfertigten, musste schon gute Augen haben.
Dennoch ist es wieder nicht zum klaren Cut gekommen. Politiker scheuen offenbar nicht nur jede potenzielle Gebührenerhöhung der Öffentlich-Rechtlichen, sie scheuen auch, der Bevölkerung ehrlich mitzuteilen, was sie ihr über Continue reading Abrüstung medienpolitisch oder: Wieviel Frieden bringt der Verzicht auf den Verzicht?

Telemedien sind der dritte Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags geworden

Interview mit Prof. Dr. Dieter Dörr, Direktor des Mainzer Medieninstituts, von Helmut Hartung / Promedia Ausgabe 08/2009

Der neue Rundfunkstaatsvertrag erlaubt nach Auffassung des Medienrechtlers Prof. Dr. Dieter Dörr nur „ausnahmsweise“ eine Verlängerung der Verweildauer für den Abruf öffentlich-rechtlicher Sendungen im Internet. Für eine Verlängerung durch den Drei-Stufen-Test, die über den Normalwer t von sieben Tagen hinausgehe, müssten die Gremien von ARD und ZDF eine „besondere Begründung“ liefern, stellt Dörr in einem Gutachten des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) fest. Der VPRT hat Dieter Dörr, Direktor des Mainzer Medieninstituts, beauftragt, die verfahrensmäßige Ausgestaltung des Drei-Stufen-Tests vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen ergebnisoffen zu untersuchen und darzustellen. Dabei sollte das Gutachten unter anderem die Transparenz der Verfahren, die Einbeziehung Dritter sowie die rechtlichen Anforderungen an eine Verlängerung der so genannten Verweildauer, für das zeitliche Auswertungsfenster der Online-Inhalte, untersuchen.

Prof. Dr. Dieter Dörr
Prof. Dr. Dieter Dörr

promedia: Herr Dörr, warum wird so heftig über die Formen und den Ablauf des Drei-Stufen-Tests debattiert?

Dr. Dieter Dörr: Mit dem Drei-Stufen-Test muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Bereich der Online-Angebote stets selbst klarmachen, ob das jeweilige Angebot zu seinem Auftrag gehört und einen publizistischen Mehrwert mit sich bringt. Man muss also wesentlich stärker als vorher über den eigenen Programmauftrag nachdenken, was ich für eine überaus vorteilhafte Wirkung dieses neuen Drei-Stufen-Tests halte. Zum anderen verändert der Test die Entscheidungsstrukturen innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, weil die Rundfunk- und Fernsehräte wichtige eigene Kompetenzen erhalten. Sie haben im Drei-Stufen-Test darüber zu befinden, ob die Kriterien, die das Gesetz vorgibt, durch das neue Angebot eingehalten werden oder nicht. Die Kompetenzen werden damit teilweise von den Intendanten und der Leitung der Anstalt auf die Gremien verlagert.

promedia: Werden die Rundfunkräte zu strategischen Instanzen?

Dr. Dieter Dörr: Der Rundfunkrat wird zu einer Entscheidungsinstanz, denn die Planung liegt auch weiterhin beim Intendanten:  Er bestimmt mit seiner Vorlage an den Rundfunkrat, was die Anstalt im Bereich der Online-Angebote anbieten möchte. Die Rundfunkräte bzw. der Fernsehrat beim ZDF haben über dieses Vorhaben zu befinden und dürfen nicht ein anderes Vorhaben an die Stelle setzen. Aber sie müssen entscheiden, außerdem können sie Änderungen anregen.

promedia: Vor allem das Verweildauerkonzept spielt eine zentrale Rolle. Welche Angebote dürfen länger als sieben Tage ins Netz? Bei den Intendanten klingt es so, als wäre es kaum ein Problem, Angebote länger im Netz zu belassen… Continue reading Telemedien sind der dritte Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags geworden