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Produzentenallianz: Wir haben nicht den Big Bang, aber eine Systemveränderung erreicht

Interview  mit Dr. Christoph E. Palmer, Vorsitzender der Geschäftsführung Allianz Deutscher Produzenten, promedia 01/2010

Die Produzenten fordern seit längerem von den TV-Sendern eine Beteiligung an er Verwertung ihrer Formate auf digitalen Plattformen. Nun hat die Produzentenallianz deinen Durchbruch erzielt und mit der ARD eine Vereinbarung über seit langem strittigen Punkten erzielt. So sollen die Produzenten künftig bis zu 50 Prozent an allen Netto-Erlösen beteiligt werden, wenn die ARD einen Film ins Ausland verkauft, ins Kino bringt oder eine DVD veröffentlicht. Bisher gingen ausnahmslos alle Rechte auf die Sender über. Wiederholt ein ARD-Sender einen Film binnen fünf Jahren nicht oder verkauft ihn weiter, darf das der Produzent selbst tun und wiederum die Hälfte der Einnahmen behalten. Mögliche Streitfälle soll eine gemeinsame Clearing-Stelle schlichten. Geprüft wird auch die Gründung einer gemeinsamen Vertriebsgesellschaft für vollfinanzierte Auftragsproduktionen.  Die TV-Produzenten rechnen bei Produktionen, die im Frühjahr 2010 starten bereits mit einem Erlösplus von 5 bis 10 Prozent.

Die Verhandlungen der Produzentenallianz mit dem ZDF gestalten sich dagegen anscheinend schwieriger, da das ZDF bereits die Produzenten an verschiedenen Verwertungen beteiligt. Und die privaten Sender, so heißt es in Verhandlungskreisen, sperren sich derzeit unter Verweis auf die schwierige wirtschaftliche Lage gänzlich gegen eine Lösung.

Dr. Christoph E. Palmer, Vorsitzender Allianz Deutscher Produzenten

promedia: Herr Palmer, seit Jahren fordern die Produzenten von den TV-Sendern eine Veränderung der Terms of Trade. Warum waren jetzt die Gespräche mit der ARD überraschenderweise so erfolgreich?
Christoph E. Palmer: Es gibt nicht nur eine, sondern mehrere Ursachen. Wichtig war die Erklärung der Länder bei der Unterzeichnung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, dass man angemessene und faire Produktionsbedingungen vereinbaren soll. Die Protokollerklärung hat für Aufsehen gesorgt und die Atmosphäre positiv begleitet. Zweitens bündelt die Allianz als neue, schlagkräftige Interessenvertretung der Produzenten eine andere Verhandlungsmacht als einzelne Verbände in der Vergangenheit. Drittens ist die Einsicht bei der ARD, zumindest bei vielen Verantwortlichen in den Intendanzen, auf der Programmseite und auch in den juristischen Direktionen gewachsen, dass man von einer verlässlichen und tragfähigen Partnerschaft mit den Produzenten profitiert, selbst wenn man an verschiedenen Stellen den Produzenten entgegenkommen muss. Es ist niemandem damit gedient, wenn die wirtschaftliche Existenzbasis der Produktionsbetriebe immer schmaler und schwieriger wird.

promedia: Welche Bedeutung hat diese Vereinbarung für die Zukunft für den Produktionsstandort Deutschland und für die Produzentenlandschaft?
Christoph E. Palmer: Es gibt bislang keine so weit reichende Vereinbarung, die unterschiedliche Aspekte des Zusammenwirkens bei der Produktion von Auftraggebern und -nehmern so umfassend beleuchtet wie diese Vereinbarung mit der ARD. Sie verbessert zum einen die Konditionen für realistische Kalkulationen, sie schafft zum anderen die Möglichkeit, dass Produktionen mitfinanziert werden. Und sie beinhaltet zum Dritten den von uns erhofften und lange geforderten Einstieg in den Rechterückfall. Damit kommen wir insgesamt zu einer anderen Situation im vollfinanzierten TV-Auftragsproduktionsbereich: Es kommt zu Verbesserungen im System, zur Flexibilisierung des Systems und mit dem Einstieg in den Rechterückfall auch zu Systemveränderungen, allerdings nicht in dem Umfang, wie es sich die Produzenten gewünscht haben. Alle drei Komponenten sind nicht nur ein symbolischer, sondern auch ein  wirtschaftlich spürbarer Fortschritt. Continue reading Produzentenallianz: Wir haben nicht den Big Bang, aber eine Systemveränderung erreicht

Die Verteilungskämpfe werden naturgemäß härter, wenn das Geld knapper wird

Interview mit Volker Herres, Programmdirektor des Ersten, promedia 01/2010

Der Programmdirektor des Ersten, Volker Herres, geht davon aus, dass sich die fehlenden 200 Millionen Euro, die der ARD bis 2012 an Gebühreneinnahmen fehlen sollen, nicht spürbar im Ersten Programm niederschlagen werden. „Die Verteilungskämpfe werden naturgemäß härter, wenn das Geld knapper wird. Ich weiß aber, dass in den Landesrundfunkanstalten ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, wie wichtig Das Erste als gemeinsame Klammer der ARD, als das nationale Vollprogramm, ist. Das wird nicht jeden Verteilungskampf lösen, aber zumindest Prioritäten bestimmen“, so Herres in einem promedia-Gespräch. Er sei auch ständig mit Produzenten über neue und preiswertere Produktionen im Gespräch und man werde in bestimmten Herstellungsprozessen – und hier spielen auch technische Entwicklungen eine Rolle – Kosten reduzieren können, aber er halte nichts davon, „dass wir bei den fiktionalen High-End-Produkten die Standards senken und dem Zuschauer nicht mehr die gewohnte Qualität zu bieten. Großes Fernsehen muss auch so aussehen – und nicht, als wäre es an drei Tagen in einer Lagerhalle bei Kerzenlicht abgedreht worden.“

Volker Herres, Programmdirektor Das Erste
Volker Herres, Programmdirektor Das Erste

promedia: Herr Herres,  Ihre Zuschaueranteile waren 2009 rückläufig. Wird 2009 zum Schwächeanfall der Kreativität der ARD?
Volker Herres: Davon kann überhaupt keine Rede sein. Richtig ist, dass wir gegenüber dem Vorjahr an Marktanteilen eingebüßt haben und 2009 ein schwieriges Jahr war. 2008 fanden mehrere Sportgroßereignisse statt, die immer eine Lokomotivfunktion ausüben. Mit den Olympischen Spielen in Vancouver und der Fußball-WM in Südafrika werden wir solche Ereignisse aber 2010 wieder erleben. Einbrüche hatten 2009 auch die anderen nationalen Vollprogramme, so dass wir immer noch auf Platz eins liegen. Der Wettbewerb wird aber härter, weil immer mehr neue Programme am Kuchen nagen und sich Sehgewohnheiten fragmentieren. Es ist nicht mehr so leicht, im nationalen Fernsehwettbewerb auf die ganz hohen Ratings zu kommen.

promedia: Können Sie nur mit Sport Bester sein?

Volker Herres: Nein. Wir sind als nationales Vollprogramm auf Platz 1. Zu dieser Position gehört nicht nur Sport, sondern vor allem Information, das Fiktionale und auch Unterhaltung.

promedia: RTL muss sparen und hat trotzdem zugelegt. Was können Sie diesem massenattraktiven Programm entgegensetzen? Oder wollen Sie das vielleicht gar nicht? Continue reading Die Verteilungskämpfe werden naturgemäß härter, wenn das Geld knapper wird