promedia-Artikel: “Dreidimensionale Aussichten”, Dr. Dietrich Westerkamp, Direktors Standards Coordination, Thomson

Interview mit Dr. Dietrich Westerkamp, Direktors Standards Coordination, Thomson, promedia 9/2010

Das dreidimensionale Fernsehen (3DTV) ist das heißeste Branchenthema in 2010: Sämtliche großen Hersteller bringen 3D-Fernseher in den Markt, mit 3D-tauglichen Blu-ray-Playern können die Zuschauer schon Dreidimensionales in den eigenen vier Wänden genießen. Dr. Dietrich Westerkamp, Director Standards Coordination bei Technicolor und Vorstandsmitglied der Deutschen TV-Plattform, gibt Auskunft über die Lage.

Dr. Dietrich Westerkamp, Direktors Standards Coordination, Thomson
Dr. Dietrich Westerkamp

promedia: Herr Westerkamp, Sie leiten die neue AG 3D-HD-TV der Deutschen TV-Plattform. Warum diese Kombination von dreidimensionalem und hochauflösendem Fernsehen?
Dietrich Westerkamp: Ganz einfach: Weil es ohne HDTV kein 3DTV gibt! Exakter wäre es von stereoskopischem 3D-Fernsehen zu sprechen: mit speziellen Displays und dazu passenden Brillen wird dem Zuschauer ein dreidimensionaler Eindruck vermittelt. Dies geschieht dadurch, dass jedem Auge ein anderes Bild angeboten wird, die im Gehirn wieder zusammengeführt einen dreidimensionalen Seh-Eindruck vermitteln. Dieses Verfahren existiert schon seit vielen Jahrzehnten, hat aus technologischen Gründen nur nie den Durchbruch geschafft.
Angestoßen durch die großen Hollywood-Studios sind nun 3D-Filme in die Kinos gekommen, und die Zuschauer sind bereit mehr Geld für ein Ticket zu bezahlen. Was im Kino begonnen hat, wird sich über die Blu-ray Disk und 3D-Spiele in den Haushalten fortsetzen und erste Rundfunkanbieter (im Pay-TVBereich) in Großbritannien, Spanien und Frankreich starten 3D-Fernsehprogramme. Auch die 25 Fußballspiele von der WM in Südafrika haben dazu beigetragen, 3DTV weiter bekannt zu machen.Zugleich stellen wir fest, dass 3DTV-Sender für Deutschland vorerst noch nicht geplant sind – trotz 3DTV-Testübertragungen (bei Sky Deutschland und T-Entertain) und erster einzelner 3D-Angebote (z.B. die French Open bei Anixe HD). Überhaupt stecken die Programmveranstalter bei uns noch mitten in der Umsetzung des hochauflösenden Fernsehens (HDTV). In dieser Um- und Aufbruchsphase war es logische Konsequenz, dass wir die neue AG 3D-HD-TV der Deutschen TV-Plattform gegründet haben. Der Name ist dabei auch Symbol: 3DTV rückt in den Fokus, aber noch offene Fragen zum Thema HDTV werden hier auch bearbeitet.

promedia: Ist nicht der Siegeszug von 3DTV schon jetzt absehbar?
Dietrich Westerkamp: Bei journalistischen Formulierungen wie „Siegeszug“ wäre ich vorsichtig! Zwar ist die Technologie heute definitiv verfügbar und auch ordentliche Geräte sowie immer mehr interessante Inhalte, aber es gibt noch viele offene Fragen: von der richtigen Produktion über die effiziente Übertragung bis hin zu den verschiedenen Display-Varianten sind viele Details zu klären, um zu verhindern, dass durch grobe Schnitzer am Anfang das ganze 3D-Angebot in Misskredit gerät. Die internationale Standardisierung läuft in verschiedenen Gremien und das wird den Markt beflügeln. Für Deutschland unterstützen wir als TV-Plattform sowohl die Entfaltung von HDTV als auch die Einführung von 3DTV.
Prinzipiell gilt: Da jedes 3D-fähige Display auch ein hochwertiges HDTV-Display ist, tätigt der Konsumenten mit vernünftigen Kaufentscheidungen eine sinnvolle Investition in die Zukunft. Zugleich muss man aber sagen, dass zum Beispiel die Shutterbrillen der einzelnen Display-Hersteller noch nicht untereinander kompatibel sind, so dass ein gemeinsamer 3D-Abend von Nachbarn, die 3DTV Geräte verschiedener Hersteller haben, leider nicht so einfach funktioniert.

promedia: Was tut denn die Deutsche TV-Plattform – außer der Gründung der neuen Arbeitsgruppe – in dieser Situation?
Dietrich Westerkamp: Neben einem Beitrag zu Information und Verständigung der Branche in der AG bereiten wir für den 3. November in Berlin ein großes Symposium vor, mit dem wir auch das zwanzigjährige Bestehen der Deutschen TV-Plattform begehen. Unter dem Titel „Von HDTV zu 3DTV – Markterfolg oder Hype?“ werden nationale und internationale Experten umfassende Aufklärung bieten. Die Keynote hält Oliver Berben, Geschäftsführer der Constantin Film Produktion, David Bush von Sony berichtet von den Erfahrungen der ersten 3DTV-Produktion bei der Fußball-WM in Südafrika, und mein Kollege Michael Zink von Technicolor beleuchtet 3D-Kino und 3D-Blu-rays. Weitere namhafte Experten der Branche vermitteln Informationen rund um 3D-Standardisierung, Zuschauerakzeptanz undÜbertragungsverfahren, sowie die gegenwärtige Markt-Entwicklung in Europa. Bei der abschließenden Podiumsdiskussion, steht die Frage „Ist Deutschland bereit für 3DTV?“ im Mittelpunkt. Prominente Vertreter von Eutelsat, ARD, ZVEI, RTL und Sky diskutieren unter Leitung von Prof. Dr. Ulrich Reimers, Leiter des Instituts für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig und Vorstand der Deutschen TV-Plattform.

Über Dr. Dietrich Westerkamp

  • Studium Nachrichtentechnik
  • Seit 1985 arbeitet er für den Thomson-Konzern. Heute ist er dort Direktors Standards Coordination. Er repräsentiert Thomson in verschiedenen internationalen Standardisierungsorganisationen. Im Moment
    liegt sein Schwerpunkt auf der Einführung von HDTV in Europa.

Weitere Informationen: promedia

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