Trendmonitor 2014: Premium Publishing statt Paywall. Trend-Ausblick von Marcus Hochhaus

Dr. Marcus Hochhaus
Dr. Marcus Hochhaus

Premium Publishing statt Paywall. Digitale Bezahlmodelle können 2014 den Durchbruch schaffen

In der Publishing-Branche scheinen sich inzwischen die vorwärts gerichteten Diskussionen über neue digitale Geschäftsmodelle gegenüber bisherigen Warnungen und Drohszenarien durchgesetzt zu haben. So werden die Verlage 2014 mit einer großen Vielfalt an Angeboten den Markt und ihre Leser testen, und es werden sich sukzessive die marktfähigen Modelle herausschälen.

Gerade noch rechtzeitig, möchte man sagen, denn die Musikindustrie hatte ja allen gezeigt, dass ein Spiel auf Zeit die digitale Transformation nicht aufhält, aber die eigenen Chancen verringert, diesen Wandel aktiv zu gestalten. Dabei befindet sich diese Branche schon im nächsten Veränderungsprozess: Vom Download zum Streaming, also vom Einmalkauf zur Flatrate. Damit wird der Besitz von Inhalten von der Nutzung entkoppelt und zu einer Frage der individuellen Präferenzen.

Wie aber kann Publishing nun erfolgreich sein? Alle Informationen und Zahlen über geplante und bereits eingeführte digitale Angebote werden derzeit intensiv verfolgt und kontrovers diskutiert – immer auf der Suche nach validen Erfolgsfaktoren. Zuweilen erinnert diese Diskussion über harte Paywalls und Metered-Modelle an einen kalten Entzug von den einst selbst „umsonst-lesen-abhängig“ gemachten Lesern. Aus der Gratiskultur soll eine digitale Bezahlkultur entwickelt werden, indem Inhalte nach Qualität, Menge oder Tageszeit und Nachfrage verknappt werden. Getreu dem Motto der Besitzer der Kalifornischen Onlinezeitung „The Orange County Register“: Website-Besucher sind Interessenten, keine Kunden. Dabei wird auch die Zahlungsbereitschaft getestet. Einzelne Digital Only-Angebote liegen preislich bereits über den Print+Digital-Angeboten, so etwa bei der „New York Times“. Das Argument hier: geringere Werbeerlöse!

Wo aber bleibt der Mehrwert für den Leser, für den er bezahlen soll? Die Veränderungen in der Mediennutzung lehren uns, dass alle Inhalte immer und überall gewünscht und genutzt werden. Das mobile Internet macht es möglich. D.h. auch Leser wollen alle Inhalte eines Titels oder Magazins über alle Kanäle verfügbar haben, am liebsten in einem einheitlichen, transparenten Geschäftsmodell. Der Leser entscheidet, ob und wo er lesen möchte. Und auch, ob digital, Print oder beides. So laufen bereits Feldversuche von digitalen Gutscheinen, für die man am Kiosk eine Hardcopy erhält. Mit einer solchen Entkopplung von Inhalt und Distributionskanal kann sich der Leser wieder für Inhalte entscheiden, ohne bereits deren Nutzung im Voraus planen zu müssen. Dieser Freiheitsgrad ist in seiner Wirkung nicht zu unterschätzen und rückt die Inhalte und publizistischen Marken wieder in den Vordergrund. Gelingt dies nicht auf der Ebene einzelner Titel, können schnell weitere Aggregatoren, wie z.B. die „niiu-App“, diese Funktion übernehmen und damit die wertvolle Kundenbeziehung etablieren.

Ein derartiges Premium Publishing als digitales Bezahlmodell würde sich also konsequent an den Anforderungen und der Zahlungsbereitschaft der Leser orientieren, im Gegensatz zur reinen Verknappung. Dabei wird der Mehrwert für die Leser neben der Qualität und Exklusivität der Inhalte eben vor allem durch die Verfügbarkeit und Usablity geschaffen, wie bei der „Zeit“ auch in Form von Audio-Artikeln. Zudem braucht es transparente und individuelle Preismodelle bis hin zur Flatrate und zusätzliche Services, wie etwa Archivzugang, Individualisierung, intelligente Einbindung der sozialen Medien, Location-based Services, Vorzugskonditionen usw.

Mit einem Premium-Mehrwert statt dem Entzug von Gewohntem, mit Überzeugen statt Bestrafen sind etwa HD+, Netflix oder Spotify erfolgreich und haben aus Nutzern auch Kunden und Abonnenten gemacht. 2014 könnte das Jahr sein, in dem auch auf breiterer Front zahlungswillige Kunden für digitale, publizistische Angebote gewonnen werden und somit eine Perspektive für die Neuausrichtung von Verlagen geschaffen wird.

Autor: Dr. Marcus Hochhaus, Geschäftsführer Goldmedia Consulting GmbH

Der Beitrag wurde bei kress.de als Gastbeitrag erstveröffentlicht.

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