Axel Springer setzt alles auf die digitale Karte. Kommentar von Oliver Numrich

Oliver Numrich, Geschäftsführer Goldmedia
Oliver Numrich, Geschäftsführer Goldmedia

Mit dem Verkauf eines Pakets populärer Zeitungs- und Zeitschriftentitel, darunter Flagschiffe wie “Hörzu”, “Bild der Frau”, “Hamburger Abendblatt” und “Berliner Morgenpost”, für 920 Mio. Euro an die Funke-Mediengruppe setzt Axel-Springers Vorstandschef Matthias Döpfner alles auf eine Karte: Die Zukunft des Medienkonzerns wird digital und international sein. Es ist ein mutiger, ein konsequenter Schritt, als Unternehmer muss man etwas wagen und man muss es mit voller Überzeugung tun. Überraschen kann es eigentlich nicht, denn immerhin hatte Matthias Döpfner ihn bereits zur Veröffentlichung des ersten Quartalsberichts 2013 angekündigt (“die digitale Transformation beschleunigen”) und mit dem Verkauf von Printbeteiligungen wie an der “Märkischen Allgemeinen” oder der “FrankfurterRundschau”-Druckerei bereits umgesetzt.

Einige Beobachter wundern sich über den Verkauf der Topmarken, manche Mitarbeiter kritisieren einen “Ausverkauf”, doch Springer muss sich fit machen für zukunftsträchtigere Märkte und dazu ein attraktives Bündel zum Verkauf schnüren, um einen guten Preis zu erzielen. Man konnte nicht nur  Tageszeitungstitel mit permanent sinkenden Auflagen (“Morgenpost” -2%, “Abendblatt” -4%)  abgeben, sondern musste Brands wie “Hörzu” und “Funk Uhr” draufpacken, die 2012 bei einem Umsatz von rund 512 Mio. Euro fast 95 Mio. Euro und damit satte 20% Gewinn abwarfen. Insofern ist auch die Trennung von diesen Traditionsmarken, die eng mit Springer verbunden sind, nur Ausdruck von Ernsthaftigkeit und Konsequenz in der Umstellung des Geschäftsmodells. Die unausweichlichen und unangenehmen Schrumpfungsprozesse müssen jetzt die Funke-Manager durchführen.

Das enthusiastische Aufbruchsignal darf aber nicht davon ablenken, dass der deutsche Konzern im internationalen Vergleich längst nicht so potent und progressiv ist, wie er sich wähnt. Zwar erzielt er etwa ein Drittel seiner Einnahmen mit digitalen Angeboten und ein Drittel mit internationalen, aber diese Geschäftsfelder sind noch längst nicht umfassend und stabil genug. So belegt Springer mit seinen 3,3 Milliarden Euro Jahresumsatz zurzeit Platz 41 der 50 größten Medienkonzerne. Zum Vergleich: Der deutsche Bertelsmann-Konzern befindet sich mit 16 Milliarden Euro  immerhin auf Platz 8 der Weltrangliste, die von NBC-Universal, Google und Disney angeführt wird. Immerhin kann Springer die Einnahmen aus dem Verkauf in den Erwerb der Scout24-Gruppe investieren, die die Telekom seit Jahren feilbietet. Der Preis für die digitalen Marktplätze wird auf 1,8 Milliarden Euro geschätzt – mit dem vergrößerten Portfolio würde Axel Springer SE schnell ein paar Sprossen nach oben klettern auf dem Ranking der Medienweltkonzerne, vielleicht auf Platz 30 oder 31.

Die Funke Mediengruppe wiederum verlegt bereits etliche TV- und Frauenzeitschriften wie “Gong”, “TV direkt”, “Frau im Spiegel”, die “Aktuelle” oder “LandIdee” und steht jetzt vor der Herausforderung, die neuen Titel so in die bestehenden Redaktionsstrukturen zu integrieren, so dass die erhofften Synergien zustande kommen. Anders als manche Online-Experten unken, kann man durchaus mit gedruckten Zeitschriften Gewinne erwirtschaften. Aber die Margen werden kleiner und das bedeutet, dass neue Erlösmodelle gefunden und effizientere Produktionsstrukturen implementiert werden müssen. Das dürfte noch für viel Unruhe und Auseinandersetzungen in den Redaktionen führen. Abgesehen davon übernimmt die Verlagsgruppe selbstverständlich auch die Onlineauftritte der besagten Medien, sprich: Auch hier bereitet man sich natürlich auf eine digitale Zukunft vor. Nur weiß noch keiner so genau, wie Medien zukünftig Erlöse erzielen können, wenn immer weniger Menschen klassische Druckerzeugnisse am Kiosk kaufen. Werden auf allen Webseiten Bezahlschranken eingebaut oder wird das Marketing von Content oder Kundendaten den Durchbruch bringen?

Die Route, die Konzernlenker Döpfner einschlägt, ist ebenfalls alles andere als risikolos: Auch wenn Springer der deutschen Medienlandschaft mit der Marketing-affinen “Bild-Zeitung” und deren Spin-offs “Auto-Bild”, “Sport Bild” usw. sowie dem defizitären Renommierobjekt und Axel-Springer-Erbe “Die Welt” erhalten bleibt, so verlässt er doch zu großen Teilen den siechen, aber gut bekannten Heimatmarkt. Döpfner macht sich auf, um zukunftsträchtige, aber fremde Märkte zu erobern. Hoffentlich überschätzt er dabei nicht das technologische und kreative Potential seiner Mannschaft.

1 thought on “Axel Springer setzt alles auf die digitale Karte. Kommentar von Oliver Numrich

  1. Axel Springer macht dies richtig und deutet auch die Zeichen der Zukunft richtig. Wer so profitabel arbeitet, auch mit neuen Medien, mag wohl auch den richtigen Riecher haben. Einziges Risiko könnte sein, dass der Digitalbereich dermassen im Wandel ist, dass Neuerungen – auch im Leserverhalten – plötzlich wieder völlig andere Prioritäten mit sich bringen. Ein Schritt-für-Schritt Heranstasten und vor alllem Austesten dürfte oft die beste Strategie sein.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

13 + 8 =