10 Gebote für mehr Akzeptanz der neuen Rundfunkabgabe, von Burkhardt Müller-Sönksen, MDB, Medienpolitischer Sprecher der FDP, promedia Februar 2012

10 Gebote für mehr Akzeptanz der neuen Rundfunkabgabe

1. Gebot: Sparsamer Umgang mit Gebührengeldern

Von Burkhardt Müller-Sönksen, MDB, Medienpolitischer Sprecher der FDP

Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags wurde in allen Bundesländern ratifiziert und damit tritt an Stelle der Rundfunkgebühr am 01.01. 2013 die Haushalts- und Betriebsstättenabgabe in Kraft. Welche Folgen diese Umstellung haben wird und wie hoch die Einnahmen sein werden, bleibt diskussionswürdig. Nicht zuletzt das Verfahren zur Einigung auf das neue Modell zeigt, dass seitens der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Erschließung neuer Einnahmequellen vorrangiges Ziel der Reform war. Durch den engen Auftrag an Prof. Paul Kirchhof für das letztlich maßgebliche Gutachten haben sich die Öffentlich-Rechtlichen vom Gesetzgebungsobjekt zum Akteur der Medienpolitik aufgeschwungen und eine ergebnisoffene Diskussion um das beste Finanzierungsmodell frühzeitig erstickt.

Burkhardt Müller-Sönksen, MDB, Medienpolitischer Sprecher der FDP
Burkhardt Müller-Sönksen, Medienpolitischer Sprecher FDP

Wenn ein Lobbyist dem Gesetzgeber in die Feder diktiert, ist das Lamento groß; hier war es erstaunlich klein. Durch das beschlossene Modell wird die bisher auf das Bereithalten von Empfangsgeräten beschränkte Rundfunkgebühr auf alle Haushalte und Betriebsstätten ausgeweitet. Es wird also eine Erweiterung des Schuldnerkreises vorgenommen, weil zukünftig in jedem Haushalt und jeder Betriebsstätte eine Abgabe zu leisten ist. Da diese Ausweitung unter Anwendung der geltenden Maximalabgabe von 17,98 Euro erfolgt, zukünftig also zum Beispiel der günstigere Radiotarif entfällt, sind bereits hier Mehreinnahmen zu erwarten. Neben diese Vollerfassung in den Haushalten tritt die nach Mitarbeitern gestaffelte Betriebsstättenabgabe, die nunmehr ebenfalls von allen Inhabern zu leisten ist und damit den Schuldnerkreis zusätzlich erweitert.
Mit den folgenden zehn Geboten rate ich den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, effizienter und sparsamer zu haushalten, um die schwindende Akzeptanz aufzuhalten.

1) Sparsamer Umgang mit Gebührengeldern
Oberstes Gebot der Rundfunkanstalten ist Kosteneffizienz im Produktionsprozess. Unabhängig von Programminhalten machten die privaten Veranstalter vor, welche Einsparungspotentiale im digitalisierten Produktionsprozess bestehen. Dieses Potential müssen auch die Öffentlich-Rechtlichen ausschöpfen und an die Beitragszahler zurückgeben. Auch eine verbesserte Zusammenarbeit der Rundfunkanstalten untereinander verspricht Synergieeffekte. Nicht nur Doppelberichterstattungen und Quotenkonkurrenz mit gleichen Programmangeboten zur selben Zeit sind kritikwürdig, sondern auch die Aufkündigung mühsam etablierter Zusammenarbeit wie der Nachrichtenkooperation im Vormittagsprogramm. Sparsamkeit im Produktionsprozess muss sich also keineswegs auf die Programminhalte niederschlagen, sondern ist die staatsvertragliche Pflicht der Rundfunkanstalten gegenüber ihren Geldgebern, den Bürgerinnen und Bürgern.

2) Konzentration auf den Grundversorgungsauftrag
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk dient der unabhängigen Meinungsbildung. Er muss der schwierigen Aufgabe gerecht werden, einerseits möglichst die Breite aller Meinungen abzubilden und diese andererseits einem möglichst breitem Publikum zugänglich zu machen. Irrelevant ist hingegen die werberelevante Quote. Die Programmverantwortlichen sind also völlig frei, ausschließlich die Qualität der Meinungsdarstellung ins Visier zu nehmen und quotenträchtige Unterhaltungsprogramme den werbefinanzierten Privaten zu überlassen. Durch stärkere Konzentration auf den Grundversorgungsauftrag zeigen ARD und ZDF nicht nur Profilschärfe und beweisen den zielgenauen Einsatz der Rundfunkgebühren, sondern erhalten die Vielfalt des dualen Systems und den Wettbewerb mit anderen Inhalteanbietern im Internet. Ich begrüße in diesem Zusammenhang ausdrücklich die überfälligen Überlegungen aus der AG Beitragsstabilität der Länder, den Grundversorgungsauftrag zu konkretisieren und den Rundfunkanstalten klare Leitlinien zu geben.

3) Reduzierung der Spartenkanäle
Verbunden mit der Konzentration auf den Grundversorgungauftrag sollten Hauptkanäle gestärkt und Spartenkanäle eingestellt werden. Für die Kernkompetenzen Information und Kultur mögen die Gemeinschaftssender Phoenix, Arte und 3Sat gerechtfertigt sein. Dass es aber mit Eins Extra, Eins Plus, Eins Festival, sowie ZDFinfo, ZDFkultur und ZDFneo zusätzliche Spartensender gibt, ist nicht zu begründen. Durch die Verspartung droht nicht nur Unübersichtlichkeit im Programmprofil der Öffentlich-Rechtlichen, sondern ein quasi-staatliches Überangebot, das die Medienvielfalt empfindlich stört.

4) Rückbau des Telemedienangebots
Gleiches gilt für die sogenannten Telemedienangebote im Internet. Der Downstream als zusätzlicher Verbreitungsweg für audio-visuelle Inhalte ist unstrittig. Aber im Internet sind nicht mehr nur die privaten Rundfunkveranstalter Mitbewerber auf dem Meinungsmarkt, sondern auch Verleger und Plattformbetreiber. Zum Erhalt der Angebotsvielfalt muss insgesamt der Umfang gebührensubventionierter Inhalte beschränkt werden. Für Textbeiträge muss es eine klare gesetzgeberische Beschränkung geben, weil sich der Begriff “presseähnlich” als untauglich erwiesen hat. Das Textvolumen des Videotext sollte Maßstab des gesetzlichen Rahmens sein. Außerdem muss das ansteigende Engagement in den Social Media überprüft werden, wo nicht nur die Sender, sondern einzelne Programmformate Auftritte betreiben.

5) Strukturreform der Verwaltung
Daneben sind Reformen in der inneren Verwaltungsstruktur der Rundfunkanstalten unerlässlich und es darf keine Denkverbote hinsichtlich der Zusammenlegung kleinerer Rundfunkanstalten geben. Hierdurch lässt sich nicht nur Mehrfachaufwand in der Verwaltung vermeiden, sondern auch das Profil öffentlich-rechtlicher Inhalte gegenüber den privaten Anbietern schärfen. Gleichbleibende Standards, klare Zuständigkeiten und Kooperationen bieten eine Fülle von Synergien. Einige Rundfunkanstalten leisten sich einen regelrechten Wasserkopf an Verwaltungsstruktur, der eine effektive Kontrolle unmöglich macht. Jüngstes Negativbeispiel ist hier der MDR, der in der Aufdeckung krimineller Parallelstrukturen beim KiKa kläglich versagte.

6) Transparente Verwendung der Gebührengelder
Neben effektiveren und schlankeren Verwaltungsstrukturen ist mehr Transparenz und umfassende Prüfrechte des Verwaltungsrats hinsichtlich der Verwendung der Beiträge erforderlich. Die Intendanten sollten die Lehren aus dem KiKa-Skandal ziehen, denn dort folgte die Bedarfskürzung durch die KEF auf dem Fuße, nachdem über eine Million Euro von niemandem vermisst wurden.

7) Transparenz bei Produktions- und Beteiligungsgesellschaften
Mehr Transparenz und Controlling ist im Geflecht der Beteiligungsgesellschaften dringend erforderlich, aber die Veröffentlichung aller Beteiligungsstrukturen einschließlich der Bilanzen und ausführlicher Lageberichte nach dem Vorbild großer Kapitalgesellschaften ist nach dem Degeto-Skandal der überfällige erste Schritt.

8. Reduzierung von Beteiligungsgesellschaften
Für uns ist der Staat der schlechteste aller Unternehmer. Statt Gebührengelder in sendereigenen Tochtergesellschaften zu binden, sollte vermehrt auf Ausschreibungen an private Produktionsfirmen gesetzt werden. Kommerzielle Tätigkeiten, wie die kostenpflichtige Videoplattform “Germany’s Gold” konterkarieren hingegen die Bemühungen um einen funktionierenden Markt und sind abzulehnen.

9) Möglichst wenig Daten bei der GEZ erheben
Unser Modell einer personenbezogenen Medienabgabe hätte den Verzicht auf die GEZ ermöglicht, doch mit der Verabschiedung der Haushalts- und Betriebsstättenabgabe ist diese Chance vertan. Nunmehr hat die GEZ ihr Personal aufgestockt und droht mit unverminderter Datensammelwut sensible personenbezogene Daten zentral zu speichern. Ich appelliere an die Rundfunkanstalten, in enger Zusammenarbeit mit den Datenschutzbeauftragten die Zweckbindung einzuhalten und das informationelle Selbstbestimmungsrecht aller Bürger zu gewährleisten.

10) Ausbau barrierefreier Inhalte
Zukünftig müssen zwar auch seh- und hörbehinderte Menschen die Haushaltsabgabe leisten, nutzen können sie allerdings nur wenige Inhalte, da bislang im Durchschnitt nur ca. ein Viertel aller Angebote barrierefrei zugänglich sind. Insbesondere durch meinungsbildende Magazinformate sollte der Anteil zeitnah die 30%-Marke erreichen.

Über Burkhardt Müller-Sönksen

  • Geboren: 24. August 1959
  • 1979 Studium der Rechtswissenschaften
  • Gründung einer Rechtsanwaltskanzlei,
  • 1997 Pressesprecher der FDP Hamburg
  • 2005 stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Hamburg
  • 2001 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft
  • 2003 Vorsitzender der AG Medien der FDP Fraktionsvorsitzendenkonferenz in Bund und Ländern
  • Mitglied des Bundestages seit 2005

Artikel in der promedia Februar 2012

Weitere Informationen: promedia

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