Pandas sind nicht immer putzig! Was ist eigentlich relevant?Gastkommentar auf kress.de von Klaus Goldhammer

Prof. Dr. Klaus Goldhammer
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Der Kungfu-Panda hat zugeschlagen! Doch statt des drolligen Zeichentrick-Films geht es diesmal um Handfesteres: Google hat seine Suchroutinen geändert. Die neue Version ist als „Panda Update“ in Deutschland seit Mitte August aktiv, und es wird (wieder einmal) klar, wie erheblich abhängig wir alle von Algorithmen geworden sind.

Schon im Vorfeld berichteten Shopbetreiber, dass plötzlich ihre Nutzer­zahlen und Umsätze mal um 50% rauf oder runter gingen, je nachdem, welche neuen Suchroutinen gerade bei Google ausgetestet wurden. Nötig geworden war der Kungfu-Panda, weil ein paar findige Website-Marketer entdeckt hatten, dass man auch mit besonders negativen Kundenbewer­tungen in den Google-Rankings ganz nach oben kommen konnte. Dies machte zwar keinen Sinn, war aber offenbar erfolgreich. Google musste also etwas tun.

Man könnte das für Schicksal halten, aber es geht letztlich auch um Abertausende von Arbeitsplätzen allein in der E-Commerce-Branche. Ändert ein Programmierer in Mountain View den Algorithmus, brechen bei den Unternehmen in Deutschland und anderswo die Umsätze ein. Oder sie steigen. Gewonnen haben nach einer Auswertung von Searchmetrics durch den Panda-Update vor allem die großen Websites, von Facebook bis Apple, auch Medienseiten wie Spiegel oder Heise.de; verloren haben hingegen Linkfarmen, kleinere Shops oder eine Frage-Antwort-Community wie etwa Gutefrage.net oder auch Ciao.de.Eine ganze Branche beschäftigt sich deshalb schon seit längerem mit SEO (Search Engine Optimization) und SEM (Search Engine Marketing). Allein mit Suchwortvermarktung wurden 2010 knapp 1,9 Mrd. Euro in Deutschland umgesetzt. Praktisch alle professionellen Websites investieren erhebliche Summen für SEO und SEM, – vor allem, um bei Google gefunden zu werden. Denn der Internet-Suchende ist faul: Mehr als die ersten 20 Suchergebnisse werden in der Regel nicht betrachtet. Wer dort nicht auftaucht, findet für die Internetsuche praktisch nicht statt.

Eli Pariser, einer der Vordenker des Web, hat in einem Vortrag bereits darüber nachgedacht, was das Internet alles vor einem verbirgt. Denn wer definiert über Algorithmen letztlich, was „relevant“ für einen Menschen ist? Es gibt keine Standard-Antwort auf Google, keinen Standard-Newsstream auf Facebook. Und wir wissen nicht genau, welche Relevanz-Kriterien Facebook oder Google für uns definieren. Fazit: Die Informationen mögen zwar alle da sein, aber im schlimmsten Fall erfahren wir nichts davon, weil wir sie nicht mehr finden. Weil sie auf Position 21 der Suchergebnisse liegen und weil wir nicht wissen, welche Relevanz-Algorithmen gerade für uns die Wirklichkeit vorfiltern. Die Lehre bleibt: Pandas sind vielleicht nötig, aber nicht immer putzig.

Prof. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer Goldmedia GmbH Strategy Consulting

Quelle Pariser: http://www.ted.com/talks/eli_pariser_beware_online_filter_bubbles.html

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