Online-Video-Boom ungebrochen. Lange Formate immer beliebter. Gastkommentar auf kress.de von Mathias Birkel

Mathias Birkel, Senior Consultant Goldmedia

Immer mehr, immer öfter und immer länger: Videonutzung im Internet boomt. Bereits zwei Drittel aller Onlinenutzer in Deutschland schauen sich zumindest gelegentlich Videos im Internet an. (ARD/ZDF-Onlinestudie 2010) Noch eindeutiger ist der Trend bei den jugendlichen Onlinern: Hier erreicht das Medium Online-Video mit 96 Prozent inzwischen quasi eine Vollverbreitung. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das gewachsene Interesse für Online-Videos bei der kürzlich beendeten Staffel von Deutschland sucht den Superstar („DSDS“). Bei den TV-Quoten blieb RTL hinter den Werten der Vorjahresstaffel leicht zurück: Durchschnittlich verfolgten 6,38 Mio. Zuschauer die insgesamt 23 Folgen der Castingrunde (2010: 6,45 Mio.) – zusammen generierten sie damit rund 147 Mio. TV-Bruttokontakte. Deutlich gestiegen ist hingegen die Zahl der abgerufenen Online-Videos im Umfeld der Staffel. Laut RTL gab es 124 Mio. Videoabrufe bei RTL.de, Clipfish.de, den mobilen Plattformen sowie von kompletten Sendungen bei RTLNOW.de. Gegenüber dem Vorjahr (85 Mio.) ist das eine Steigerung um stolze 46 Prozent. Die Zahl der Internetzuschauer für DSDS ist damit gar nicht mehr so weit entfernt von der Reichweite im linearen TV, für die das Format eigentlich konzipiert ist.

Noch dominieren bei den Onlineabrufen die 3-5-Minütigen Kurzclips auf der Hauptseite RTL.de und der hauseigenen YouTube-Variante Clipfish. Jedoch wurden auch bereits rund 11 Mio. Komplettfolgen auf RTLNow.de gesehen. Generell ist eine Tendenz hin zu langformatigen Online-Videos – also zu vollständigen TV-Sendungen, Serienepisoden oder Spielfilmen – erkennbar: Private TV-Plattformen und öffentlich-rechtliche Mediatheken wurden laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2010 im vergangenen Jahr von mehr als einem Viertel der deutschsprachigen Onlinenutzer zumindest ab und zu genutzt.Ein Blick in die USA zeigt, wohin der Weg führen könnte: Laut dem Marktforschungsunternehmen eMarketer schauten in den USA 2010 bereits 59 Prozent der Internetnutzer zumindest gelegentlich langformatige Online-Videos, 2011 soll der Anteil auf 72 Prozent noch einmal kräftig ansteigen. Neben der Online-Videothek Netflix mit mittlerweile über 23 Mio. Abonnenten in Nordamerika zeigt vor allem die Plattform Hulu, eine Kooperation u.a. von NBC, Fox und Disney, dass sich das Internet nicht nur zur Verbreitung kurzer Clips, sondern auch für TV-Serien und Spielfilme bestens eignet. Hulu bietet mit seinem werbefinanzierten Angebot Inhalte von rund 260 Content-Partnern und erreicht damit mehr als 26 Mio. Unique Visitors pro Monat – mit jeweils mehr als 200 Minuten gesehenen Minuten. Hulu generiert so mehr als 1 Milliarde Ad Impressions mit Videowerbung (comScore, Stand April 2010). Zudem soll der im November 2010 gestartete Premium-Service Hulu plus bereits bis Jahresende 2011 die Millionen-Abonnenten-Marke durchbrechen. Kein Wunder, dass auch YouTube zukünftig verstärkt auf professionelle Inhalte setzen und diese auch kostenpflichtig anbieten will.

Auch die mobile Videonutzung kommt immer mehr in Fahrt: 5,5 Mio. DSDS-Clips wurden 2011 laut RTL auf iPhone und Co. gestreamt (Vorjahr: 3,5 Mio.). Bereits heute machen Videos laut Cisco rund die Hälfte des gesamten mobilen Daten-Traffics aus. Glaubt man den Prognosen des kalifornischen Netzausrüsters, so wird der Anteil in den nächsten fünf Jahren auf rund zwei Drittel des Datenvolumens ansteigen.

Erst kürzlich, zu seinem sechsten Geburtstag im Mai 2011, verkündete YouTube ein weiteres Nutzungswachstum um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit werden mittlerweile 3 Milliarden Abrufe erzielt – und das jeden Tag. Jede Minute kommen 48 Stunden an neuen Inhalten hinzu – mengenmäßig entspricht dies dem Output von 3.000 TV-Stationen.

Online-Videos kann heute kein Content-Anbieter mehr ignorieren, wie das Beispiel DSDS deutlich zeigt, und auch bei langen Formaten ist das Nutzungswachstum rasant. Dabei werden die Empfangsmöglichkeiten immer vielfältiger – zu PC und Smartphone gesellen sich Tablets, Spielekonsolen und internetfähige Hybrid-TV-Geräte. Diese neuen Geräte werden die Online-Video-Nutzung weiter vorantreiben. Ein Ende des Online-Video-Booms ist daher noch lange nicht in Sicht.

Mathias Birkel, Senior Consultant Goldmedia GmbH Strategy Consulting

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