HDTV über Satellit. 1,9 Millionen Haushalte nutzen HD+, Wilfried Urner, GF HD Plus GmbH im Gespräch mit der promedia, Januar 2012

HDTV über Satellit:  1,9 Millionen Haushalte nutzen HD+

„Wir haben bei HD noch eine große Versorgungslücke“

Interview mit Wilfried Urner, Vorsitzender der Geschäftsführung der HD Plus GmbH

Wilfried Urner, HD Plus GmbH
Wilfried Urner, HD Plus GmbH

Zwei Jahre nach dem Start hat HD+ eine technische Reichweite von über zwei Millionen Haushalten erreicht. Der Bekanntheitsgrad liegt bei 66 Prozent. HD+ ist eine technische Plattform von SES für Ausstrahlung und Empfang von TV-Programmen in HD-Qualität über ASTRA Satellit. Bei HD+ gibt es keine Vertragsbindung und keine Abo-Verpflichtung. Nach der 12-monatigen Gratisphase zahlen Zuschauer 50 Euro im Jahr als technische Servicepauschale für den HD-Empfang, umgerechnet 4,16 Euro im Monat.

promedia: Herr Urner, vor fast genau zwei Jahren wurde HD+ gestartet. Worin bestand das strategische Ziel dieser Plattform?

Wilfried Urner: HD+ war als Geschäftsmodell die Antwort auf die Frage, wie sich werbefinanzierte Sender eine zusätzliche Ausstrahlung in HD überhaupt leisten können. Die öffentlich-rechtlichen haben in der laufenden Gebührenperiode ja mehrere hundert Millionen Euro für die Einführung von HD erhalten. Die Privaten bekommen dagegen trotz ergänzender Ausstrahlung in HD keinen Cent mehr an Werbeeinnahmen. Kurz gesagt: Ohne HD+ hätte es deren HD-Angebote wahrscheinlich nicht gegeben. Außerdem sahen wir die Möglichkeit, neue Applikationen über den  Satelliten besser in Einklang mit den  Sendern umsetzen zu können. Und man darf nicht vergessen, dass auch die Sender den hochwertigen HD-Inhalt mit Blick auf Vorgaben der Rechtegeber, zum Beispiel Kopierschutz, besser schützen müssen. Dafür brauchen sie eine technische Verbreitung mit Signalschutz.promedia: Erstmals zahlen seit etwa einem Jahr Kunden damit auch für TV-Programme, die sie über Satellit frei empfangen. Hat das zu einem Rückgang bei der Satellitennutzung geführt?

Wilfried Urner: Die Kunden sehen ja alles, was es bislang gratis über Satellit gab, auch weiterhin ohne Zusatzkosten. Außerdem haben Haushalte, die Satellit empfangen, jetzt die komplette Wahlfreiheit: Ob sie kostenlos Free TV sehen wollen, in höherer Qualität dafür etwas zahlen oder sogar Premiuminhalte über Pay-TV nutzen. Die Breite des Angebotes nutzt dem Satelliten eher, wir verzeichnen in Deutschland stetige Reichweitzuwächse und liegen inzwischen bei deutlich über 17 Millionen-Sat-Haushalten, während das Kabel an Boden verliert.

promedia: 17,1 Millionen Satellitenhaushalte stehen jetzt 305.481 Kunden gegenüber. Ist das nicht eigentlich sehr wenig?

Wilfried Urner: Nein, das ist viel mehr, als wir erwartet haben und man muss die Zahlen ja auch in den richtigen Kontext stellen. Wir bieten aktuell eine technische Reichweite für HD+ von über zwei Millionen Haushalte. Wenn wir diejenigen, die HD+ empfangen können nehmen – also sowohl die in der zwölfmonatigen Gratisperiode als auch die, die dafür zahlen –, sind wir bei knapp 1,9 Millionen Haushalten. Das entspricht schon heute etwa 40 Prozent aller HD-Sat-Haushalte in Deutschland. Die Zahl 305.481 bezieht sich letztlich nur auf die Haushalte, deren Gratisphase ausgelaufen ist. Das waren  bislang rund 480.000. Davon haben sich rund 305.000, also 63 Prozent, entschieden, für ein weiteres Jahr zu bezahlen. Eine solch hohe Umwandlungsquote von kostenloser Test- in eine Bezahlphase ist in der deutschen Medienlandschaft einzigartig und hat selbst unsere optimistischsten Partner überrascht.

promedia: Andererseits sind ca. 14 Millionen Haushalte digitalisiert, verfügen also über digitale Set-Top-Boxen und entsprechende Geräte. Wenn man diese Zahl in Relation setzt, dann wäre Ihre potenzielle Reichweite deutlich größer…

Wilfried Urner: Jemand, der sich zum Beispiel 1998 eine digitale Set-Top-Box angeschafft hat und damals einen Röhrenfernseher hatte, muss sich, um HD+ nutzen zu können, einen Flachbildfernseher kaufen und dann entsprechend einen HD-Receiver. Aber natürlich sind die digitalen Satellitenhaushalte, die noch nicht HD haben, unsere Kernzielgruppe. Das sind in etwa noch zehn Millionen Haushalte.

promedia: Ab Mai 2012 werden die Satellitenangebote nur noch digital verbreitet. Versprechen Sie sich davon einen nächsten Schub?

Wilfried Urner: Auch jeder analoge Haushalt, der auf digital umsteigt, ist für uns ein potentieller HD+  Kunde, drum werden wir über unsere Kanäle und Partner verstärkt auf HD+ hinweisen. Dabei werden wir verstärkt hervorheben, dass beim Kauf eines HD+ Receiver die ganzen Kanale von HD+ im wert von 50 Euro mit dabei sind. Für uns ist das eine gute Gelegenheit, die restlichen 2,5 Millionen analogen Haushalte davon zu überzeugen, dass HD+ die beste Lösung ist. Wenn Sie insgesamt bewerten, dass es 36 Millionen modern Flachbildschirme in Deutschland  gibt, die Hälfte davon wahrscheinlich in Haushalten mit Sat-Empfang, und bislang 4,5 Millionen HD-Receiver setzen, dann wir klar: Wir haben in Sachen HD noch eine große Versorgungslücke in deutschen Wohnzimmern. Die Konsumenten werden nach und nach merken: Ein Flachbildferner ohne HD-Empfang ist wie ein Ferrari mit abgefahrenen Reifen.

promedia: Der Kunde zahlt 50 Euro pro Jahr nach dem ersten freien Jahr. Welchen Anteil erhalten denn davon die TV-Sender?

Wilfried Urner: Es ist ein substanzielle Volumen, denn sonst könnte die Sender ihre Zusatzkosten ja nicht über HD+ refinanzieren. Aber natürlich können wir diese Zahlen aus vertraglichen Gründen nicht kommunizieren.

promedia: Aber müssen die TV-Sender für die Verbreitung ihrer HD-Programme trotzdem noch weiter Geld an SES Astra bezahlen? Eigentlich kommt doch jetzt der Kunde für die Übertragungskosten auf.
Wilfried Urner: Wir sind sehr darum bemüht – und es war auch in der Vorbereitung mit den Bundeskartellämtern ein Thema-, dass die  Leistungen getrennt und transparent angeboten werden. Dazu gehört auch, dass wir die beiden Themen nicht vermengen. Ein Sender zahlt an ASTRA separat für den Transponder zur Verbreitung des Programms.  Bei den Sendern fallen durch HD ja auch noch andere Kosten für die technische Verbreitung an: Vom HD-Studio über HD-Programmrechte bis hin zum Play-out.

promedia: Sie verbreiten ohne ARD und ZDF elf private HD-Programme. Inzwischen werden aber in Deutschland mehr als 50 HD-Programme verbreitet. Warum findet man bei Ihnen erst so wenige?

Wilfried Urner: Inzwischen haben wir schon 12 HD-Programme on air. TELE 5 HD ist seit Mitte Oktober ebenfalls mit dabei. Wenn man die gesamte TV-Landschaft anschaut, gibt es den größten HD-Block bei Pay TV, also Sky Deutschland, dann HD+ gefolgt von den öffentlich rechtlichen Sendern. Außerdem gibt es noch ein paar Private ohne Verschlüsselung in HD, darunter drei Shoppingsender. In Summe reden wir von etwa 35 Programmen. Die Zahl 50 ist eine Prognose für 2012, aber die ist absolut realistisch.

promedia: Wäre es nicht einfacher auch für den Kunden, wenn die HD-Kanäle von Sky auch in Ihrem Paket mit enthalten wären?

Wilfried Urner: Wir müssen die zwei Produkte trennen: Das eine ist Pay TV und das andere Free TV. Es wäre sicher für den Kunden einfacher, wenn er auf einem HD+-Receiver neben diesem Free TV-Angebot auch ein Sky-Angebot abonnieren könnte. Aber es ist die unternehmerische Entscheidung von Sky, die wir auch respektieren. Auf der anderen Seite haben wir mit Sky Deutschland eine Vereinbarung geschlossen, dass die Kunden, die Sky abonniert haben und eine Smartcard von Sky  haben, auch zusätzlich die HD+-Kanäle sehen können. Grundsätzlich werden wir aber weiter daran arbeiten, das Gesamtangebot, das über den Satelliten kommt, so kundenfreundlich wie möglich anzubieten.

promedia: Sie meinen weiterarbeiten in Richtung einheitlicherer Pakete für den Kunden?

Wilfried Urner: Nicht „einheitlichere“ Pakete – das wäre das falsche Wort. Unser HD+ Angebot ist Free TV in bester technischer Qualität. Der Kunde könnte es aber logischer und einfacher finden, sich über sein gekauftes Endgerät Zugang zu weiteren Angeboten zu verschaffen, ohne dass er neu in Hardware investieren muss. Letztlich ist das Internet mit dieser Philosophie sehr erfolgreich und Anbieter wie Endkunden finden das selbstverständlich.

promedia: Wie wird sich Ihr Angebot 2012 weiterentwickeln?

Wilfried Urner: Wir gehen davon aus, dass weitere Sender ihr Programm in besserer Qualität über HD+ ausstrahlen. Ein Sender, Super RTL, der diesen Weg geht, wird 2012 dazu kommen. Ob wir im  kommenden Jahr wieder vier Sender zusätzlich wie dieses Jahr bekommen oder ein paar mehr oder weniger, wissen wir noch nicht. Aber wir arbeiten daran, dass das Angebot wächst.

promedia: Wie sieht es mit 3D aus? Werden, wenn es abgesehen von Sky noch andere 3D-Sender geben sollte, diese dann auch über Ihre Plattform zum Kunden gelangen können?

Wilfried Urner: Die HD+-Value-Proposition ist zunächst auf HD und alle Mehrwerte um HD ausgerichtet. Wenn 3D ein Thema für irgendwann Free-to-Air-Sender gibt, werden wir einen Weg finden, 3D zu integrieren. Ich sehe das momentan aber weniger, weil unser nächster Schritt darin besteht, Hybridauftritte basierend auf HbbTV als Produktergänzung in unser Angebot aufzunehmen. Die Verbindung von Internet und Fernsehen könnte die TV-Traumhochzeit des nächsten Jahres werden.

Über Wilfried Urner

  • Geboren: 1961
  • Studium Volkswirtschaft
  • 1994 – 2002 KirchGruppe, zuletzt Geschäftsführer der BetaDigital Gesellschaft für digitale Fernsehdienste
  • Seit 2002 Vorsitzender der Geschäftsführung der Astra Plattform Services GmbH
  • Seit 2009 zusätzlich Vorsitzender der Geschäftsführung der HD Plus GmbH
  • Seit 2010 Mitglied des Management Komitees von SES Astra

Artikel in der promedia Januar 2012

Weitere Informationen: promedia

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