Tag Archives: Online-Piraterie

„Ich sehe keine Netzstörung im Urheberrecht“. Interview mit Dr. Wolf Osthaus, Head of Corporate & Regulatory Affairs, United Internet AG, promedia Juli 2012

Internetprovider sehen sich nicht in der Verantwortung bei Online-Piraterie

„Ich sehe keine Netzstörung im Urheberrecht“

Interview mit Dr. Wolf Osthaus, Head of Corporate & Regulatory Affairs, United Internet AG

Dr. Wolf Osthaus

Die jüngste Tagung des Wirtschaftsdialogs unter Teilnahme der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger endete erneut ergebnislos und für die Contentwirtschaft unbefriedigend. Zwar will das Bundesjustizministerium bis zur Sommerpause Vorschläge zur Verbesserung des Auskunftsanspruchs bei P2P-Netzwerken vorlegen, doch die gesamte Filehoster‐ und Streamingproblematik bleibt weiterhin ungelöst. „So können illegale Geschäftsmodelle weiterhin ungehindert florieren“, so Manuela Stehr, Präsidentin der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft. Zu den Teilnehmern des Wirtschaftsdialogs gehört auch der Online-Provider United Internet AG (1&1, gmx). Fragen an den Cheflobbyisten eines der größten deutschen Internetanbieter, Dr. Wolf Osthaus.

promedia: Herr Osthaus, man hat den Eindruck, wenn über Urheberrecht im Internet diskutiert wird, haben die Online-Provider eine
Netzstörung…
Wolf Osthaus: Kreative Leistungen müssen angemessen entgolten werden. Wir arbeiten selbst mit vielen Partnern zusammen, die kreative Produkte, sei es Content oder Software, produzieren, und tragen damit genau dazu bei. Ich will gar nicht wegdiskutieren, dass es Online-Piraterie gibt, nur stört mich die monokausale Betrachtung der Herausforderungen, vor denen die Content-Wirtschaft steht. Was wir doch alle beobachten, ist, dass sich im Netz Nutzererwartungen und damit auch Geschäftsmodelle verändern. So wie sich zum Beispiel durch Cloud Computing der Einsatz von Software vom Besitz zu temporären Nutzungsmodellen und „Software as a service“ verschiebt, gibt es ähnliche Entwicklungen im Entertainment-Bereich, etwa mit legalen Streaming-Diensten – gewissermaßen „Content as a service“. Die verschiedenen Akteure der Content-Wirtschaft müssen diesen neuen Kundenerwartungen mit entsprechenden Continue reading „Ich sehe keine Netzstörung im Urheberrecht“. Interview mit Dr. Wolf Osthaus, Head of Corporate & Regulatory Affairs, United Internet AG, promedia Juli 2012

Unser Urheberrecht ist veraltet und fehlerhaft. Interview mit Sebastian Nerz, Vorsitzender der Piratenpartei, promedia April 2012

Piratenpartei hält Online-Piraterie für unproblematisch

„Unser Urheberrecht ist veraltet und fehlerhaft“

Interview mit Sebastian Nerz, Vorsitzender der Piratenpartei

In einem promedia-Interview, bei dem die Fragen schriftlich beantwortet worden sind, legt Sebastian Nerz, Vorsitzender der Piratenpartei ausführlich die Position seiner Partei zu Fragen des Urheberrechtsschutzes im Internet dar. Kern dieser Überlegungen sind die Forderungen nach einem „Recht auf Privatkopie und eine Befreiung der Bildung von Vergütungsansprüchen.“ Dabei erweckt Nerz den Eindruck, das Recht auf Privatkopie sei abgeschafft worden, was aber nicht stimmt. Auch die in dem Interview genannten Beispiele für die Entwicklung des „Kulturgütermarktes“ entsprechen weder bei nicht den Tatsachen. Besonders pikant, dass Sebastian Nerz das illegale Streamen von Spielfilmen  als „nicht-kommerziellen Verbreitung“ bezeichnet.

Sebastian Nerz
Sebastian Nerz

promedia: Herr Nerz, die Piratenpartei lehnt das vorliegende ACTA-Abkommen ab. Warum?
Sebastian Nerz: Eines der grundlegenden Probleme bei ACTA ist, dass es im geheimen  verhandelt wurde. Bei den Verhandlungen wurden einerseits die  nationalen und supranationalen Parlamente außer Acht gelassen und andererseits nur Vertreter der großen Medienverwertungsgesellschaften zugelassen. Damit werden bspw. die Interessen von Künstlern und Konsumenten nicht beachtet, die erforderliche breite gesellschaftliche Debatte wird nicht geführt. Gleichzeitig ist das Abkommen schwammig und unsauber formuliert, es erzeugt Rechtsunsicherheit und erzeugt Missbrauchsmöglichkeiten. Dazu schreibt es ein fehlerhaftes Urheberrecht fest. Nicht zuletzt bringt das ACTA-Abkommen humanitäre Probleme mit sich. Durch Bestimmungen zum Patent- und Markenrecht wird die Welthunger-Problematik verschärft und Entwicklungsländern der Zugang zu
lebensrettender Medizin erheblich erschwert.

promedia: In der aktuellen Version ist keine Rede mehr von Netzsperren, Überwachung des Datenverkehrs und gar einem Internetverbot für Nutzer. Woraus resultiert Ihre Sorge?
Sebastian Nerz: Es bietet Missbrauchsmöglichkeiten. Auch sind Erweiterungen nicht ausgeschlossen – die beteiligten Unternehmen haben bereits sehr deutlich gemacht, dass sie ein großes Interesse daran hätten, Netzsperren wieder aufzunehmen. Unter der Überschrift „Kapitel II, Rechtsrahmen für die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums“ führt ACTA in § 8 Abs. 1 aus: „Jede Continue reading Unser Urheberrecht ist veraltet und fehlerhaft. Interview mit Sebastian Nerz, Vorsitzender der Piratenpartei, promedia April 2012