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Medientage München: Der EPG steht vor der Tür

Im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN 2009 wurde die neue Goldmedia-Studie EPGs in Europa 2014 präsentiert, die von der Presse-Programm-Service GmbH – pps unterstützt wurde.

Bildquelle: Medientage München 2009 Panel EPG
Bildquelle: Medientage München 2009 Panel EPG

In der von den Medientagen München veröffentlichten Pressemeldung zum Panel 6.5 Programmnavigation 2014: Perspektiven, Pläne, und politischer Sprengstoff um den EPG der Zukunft heißt es:

Der elektronische Programmführer kommt und er kommt bald. Darin waren sich die Podiumsteilnehmer auf einem Panel der Strategieberatung Goldmedia und dem PPS Presse-Programm-Service im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN einig.

Die Strategieberatung Goldmedia und PPS Presse-Programm-Service hatten geladen, um die Ergebnisse ihrer neuen Studie „EPGs in Europa 2014“ vorzustellen. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer von Goldmedia Media Consulting & Research erklärte, dass sich die EPGs in den kommenden fünf Jahren vom Nischen- zum Massenprodukt entwickeln würden. Dank Digitalisierung, HD-TV, Personal-Video-Recordern und Hybrid-TV werde es für Westeuropa ein Marktwachstum von rund zwanzig Prozent pro Jahr geben. Die Umsätze werden sich von 156 Mio. Euro in 2008 bis 2014 auf 450 Mio. Euro fast verdreifachen. Der EPG werde zur zentralen Schnittstelle zum Konsumenten, zur Verkaufsfläche und zum Werbemedium. Zudem machten attraktive Designs Lust an der Nutzung. Einziger Wermutstropfen: noch stehe der deutsche Markt im Vergleich zu anderen europäischen Märkten am Anfang der Entwicklung. Trotzdem wird auch hierzulande 2014 mindestens jeder zweite TV-Haushalt mit einem EPG ausgestattet sein, so zumindest das Ergebnis der Goldmedia-Studie. Um die Entwicklung voranzutreiben, müssten nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer allerdings einige alte Zöpfe abgeschnitten werden. So dürften etwa die Fernsehsender ihre Daten nicht länger geheim halten. Während Matthias Büchs, Bereichsleiter Online, Mobile, Teletext bei RTL interactive, bereits die Bereitschaft signalisierte, mit der Vielzahl von konkurrierenden Anbietern zusammenzuarbeiten und gegen ein Entgelt die entsprechenden Daten zur Verfügung zu stellen, zweifelte Rechtsanwalt Dr. Pietro Graf Fringuelli, Partner bei CMS Hasche Sigle, der EPG-Anbieter in einem Verfahren gegen die Privatsender vertritt, diese Bereitschaft an. Insbesondere zeigte sich Fringuelli skeptisch, ob den Anbietern Möglichkeiten blieben, ihre EPGs zu refinanzieren. Continue reading Medientage München: Der EPG steht vor der Tür

Drei Viertel aller TV-Nutzer in Europa navigieren 2014 per EPG durch die digitale Welt

München, 29. Oktober 2009 – Wachsende Programmdichte und steigende Zahl an TV-Plattformen und Übertragungswegen schaffen einen lukrativen Markt für Entertainmentnavigation. Zwar gibt es derzeit in Deutschland erst rund fünf Mio. Haushalte, die zur Navigation durch die audiovisuelle TV-Vielfalt einen hochwertigen elektronischen Programmführer, den sogenannten EPG, nutzen. Das entspricht 13 Prozent der deutschen TV-Haushalte. Aber schon 2014 wird mehr als jeder zweite deutsche Haushalt mit einem EPG ausgestattet sein, in Westeuropa sogar nahezu drei Viertel aller TV-Haushalte.

Studie EPGs in Europa 2014_EPG_Penetration_Deu
Studie EPGs in Europa 2014_EPG_Penetration_Deu

EPGs wandeln sich zukünftig vom Nischenprodukt zum Alltagsbegleiter und werden als hochwertige Entertainment-Guides zur komplexen Steuerzentrale des Fernseh- und Home-Entertainments. Status und Potenziale dieses Wachstumsmarktes zeigt die aktuelle Studie „EPGs in Europa 2014“ der Strategieberatung Goldmedia GmbH (http://www.Goldmedia.com), die von der Presse-Programm-Service GmbH (pps) (http://www.pps.de) gefördert wurde und deren Ergebnisse erstmals im Rahmen der Medientage München am 29.10.2009 präsentiert wurden.

Lesen Sie die vollständige Pressemeldung hier:

http://www.goldmedia.com/aktuelles.html

Die terrestrische Digitalisierung ist eine Fahrt in die Sackgasse

Interview mit Gert Zimmer, Geschäftsführer RTL Radio Deutschland – von Helmut Hartung / Promedia Ausgabe 06/2009

Radios sind von der Werbekrise weniger betroffen als andere Medien, leichtes Plus im ersten Quartal

RTL-Radiogruppe beurteilt Nutzen der Digitalisierung des Radios weiterhin skeptisch

Internet neben UKW als zweite Säule der Programm- und Angebotsverbreitung für Hörfunksender

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Gert Zimmer CEO RTL Radio Deutschland, Berlin

Am 25. März 2009 haben die Länder die Bedarfsanmeldung für eine bundesweite  Bedeckung mit digitalem Hörfunk in Band III beschlossen, so dass nach der Planung  der Länder und der Landesmedienanstalten spätestens im kommenden Jahr der Neustart  des Digitalradios im Übertragungsstandard DAB plus erfolgen soll. Doch die  Länder haben die Rechnung anscheinend ohne die Sender gemacht. Den ARD-Anstalten  fehlt für die Investition in die digitale Sendertechnik das Geld, abgesehen  davon, dass sie keine landesweiten Programme verbreiten dürfen, und die privaten  Sender sind immer weniger geneigt, Millionen von Euro in das Digitalradio zu investieren.

So betonte der Geschäftsführer der RTL-Radiogruppe Gert Zimmer gegenüber promedia: „Wenn die Politik bei der Einführung der terrestrischen Digitalisierung Dringlichkeit  suggeriert, dann ist das aus meiner Sicht für viele Anbieter Beihilfe zur Fahrt  in eine Sackgasse. Die Bedarfsanmeldung ist letzten Endes nicht das Ergebnis einer  rationalen Entscheidungsfindung. Sie berücksichtigt in keiner Weise die gesamtwirtschaftlichen  Vorzeichen und scheint eher dem Wunsch der Länder geschuldet,  einen vor Jahren eingeschlagenen Weg auch konsequent zu Ende zu gehen.”

promedia: Herr Zimmer, Nielsen hat für das  1. Quartal für das Radio ein Umsatzplus verzeichnet  und man hört von vielen Radiosendern,  dass sich die Werbeumsätze auch im April  und Mai positiv entwickeln. Können Sie diesen  Trend für RTL Radio Deutschland bestätigen?

Gert Zimmer: Verglichen mit dem Vorjahr, welches  deutlich hinter den Erwartungen lag, war das  erste Quartal 2009 den Umständen entsprechend  zufriedenstellend. Wobei die Nielsen  Zahlen Preislisten-Werte sind, die weder gestiegene  Rabatte noch den zunehmenden Anteil  an Eigenwerbung der Radiosender berücksichtigen.  Mit Blick auf das zweite Quartal müssen  wir feststellen, dass sich auch die Radiobranche  inzwischen spürbar im Sog schrumpfender  Werbemärkte befindet. Alle Sender leiden unter  den Einbrüchen vor allem der nationalen  Vermarktung. Diese Verluste können nicht mehr  durch eine bis jetzt sehr erfolgreiche regionale  Vermarktung kompensiert werden. In Metropolen  sieht es da minimal besser aus als in den  Flächenländern. Hinzu kommt die zunehmende  Kurzfristigkeit der Einbuchungen, die eine  belastbare Planung der weiteren Geschäftsentwicklung  erschwert.

promedia: Es hatte bisweilen den Anschein, als  gehöre Radio zu den Gewinnern der Medienkrise?

Gert Zimmer: Grundsätzlich mag es bei der Betrachtung  des ersten Quartals so aussehen, als seien  die abverkaufsorientierten Mediengattungen  wie Zeitung und Radio Nutznießer der Krise.  Die Zeitungen legen im ersten Quartal brutto  um 6,4 Prozent an Werbeeinnahmen zu, der  Hörfunk sogar um 10 Prozent. Beim Radio ist  diese positive Entwicklung in erster Linie der  Automobilbranche und den Handelsunternehmen  zu verdanken. Aber: Bereinigt um Sondereffekte,  wie die Brutto-netto-Schere und Eigenwerbung  der Sender, dürften die privaten Veranstalter  tatsächlich kein oder nur ein leichtes  Plus gegenüber dem Vorjahr in ihren Kassen  spüren. Aber selbst das ist im Vergleich zu anderen  Mediengattungen noch ein großer Erfolg.

promedia: Wie sieht Ihre Prognose für die  nächsten Monate aus? 

Gert Zimmer: Zum jetzigen Zeitpunkt ist jede Prognose  zur Entwicklung mit Unsicherheiten behaftet.  Niemand kann mit Bestimmtheit sagen,  ob die Radiobranche die Rezession bereits hinter  sich gelassen hat oder verspätet hineingerät.  Für uns bedeutet das: strikte Kostendisziplin,  Optimierung der Programmqualität und damit  Steigerung der Reichweiten sowie die Erschließung  alternativer Umsatzquellen.  In diesem Zusammenhang appellieren wir an  die Politik, dass es bei unserer wichtigsten  Einnahmenquelle, der Werbung, nicht zu weiteren  gesetzlichen Einschränkungen kommt.  Die Überlegung seitens des Drogenbeauftragten  der Bundesregierung, Werbung  für alkoholhaltige Getränke im Fernsehen  und Radio pauschal auf die Zeit nach 20 Uhr zu verlegen, hätte für das Radio fatale  Auswirkungen. Legale Produkte müssen legal  beworben werden können.

promedia: Noch einmal zur aktuellen Situation:  Wo sehen Sie die Ursachen für die dennoch  tendenziell positive Entwicklung im Vergleich  zu anderen Medien in den ersten Monaten? 

Gert Zimmer: Die Stärken des Hörfunks sind  Schnelligkeit, Flexibilität und die Fähigkeit,  Hörer zu mobilisieren. Das sind Eigenschaften,  die die Werbekunden momentan sehr schätzen  und deshalb das Medium gezielt buchen.  Neben anderen Faktoren hat sich die Abwrackprämie  optimal geeignet, potenzielle Autokäufer  über den Hörfunk anzusprechen und zu mobilisieren.  Das ist vor allem in wirtschaftlich  schwierigen Zeiten eine der taktischen Stärken  des Radios. Auch zurückhaltenden Konsumenten  werden Kaufanreize gegeben. Positiv ist  zudem die starke regionale Verwurzelung der  Sender.  Unsere Beteiligungen verfügen über starke Marken  innerhalb der Verbreitungsgebiete und kennen  die Marktgegebenheiten und Bedürfnisse  der Kunden sehr gut. Und die Werbekunden  wissen wiederum, wie sie gezielt über unsere  Marken mit ihren Botschaften und Produkten  die Konsumenten erreichen. Und das zu einem  sehr guten Preis- / Leistungsverhältnis. Deshalb  kann die regionale Vermarktung im ersten  Quartal bei den meisten Sendern ein gutes Ergebnis  vorweisen.

promedia: Immer mehr Hörer hören Radio  über das Internet, welche Konsequenzen ergeben  sich daraus für Ihre strategische Planung?

Gert Zimmer: Wir müssen da sein, wo die Hörer  beziehungsweise wo die Nutzer sind. Und das  ist zunehmend auch Online. Das Internet ist  für uns eine Plattform mit zahlreichen Optionen:  Wir nutzen es als Marketingtool, wir arbeiten  verstärkt mit Visualisierung, wir positionieren  Marken losgelöst von der analogen  UKW-Welt und wir investieren in Line- und  Brand Extensions. Wir sprechen also über zusätzliche  Kanäle, um kleinere Zielgruppen optimal  bedienen zu können. Wir sprechen über  Applikationen auf mobilen Endgeräten. Und  wir sprechen über neue Angebotsformen, die  gezielt die für das Internet typische Vernetzung  und Interaktion ermöglichen.  Mittelfristig sehen wir das Internet als zweite  Säule der Programm- und Angebotsverbreitung  für Hörfunksender. Interessant ist in diesem  Zusammenhang das mobile Internet via LTE  (Long Term Evolution) und MBMS (Multimedia  Broadcast Multicast Services). Unabhängig  hiervon bleibt unser Kerngeschäft aber  sicherlich noch über viele Jahre hinweg die  UKW-Verbreitung.

promedia: Wird es mehr RTL-Web-Radio-  Angebote geben?

Gert Zimmer: Die gibt es bereits. Unsere Beteiligungen  bieten zahlreiche, individuelle Online-  Zusatzprogramme an. Über das Konsortium  Digital 5 gibt es einen Pool an Kanälen,  die die Sender nutzen können. Das funktioniert  sehr gut.

promedia: Nach Aussagen von Martin  Stadelmaier wollen die Länder jetzt schnell die  Voraussetzungen für die terrestrische Digitalisierung  des Radios schaffen. Wie dringlich ist  das Band III für die Radiosender?

Gert Zimmer: Wenn die Politik bei der Einführung  der terrestrischen Digitalisierung Dringlichkeit  suggeriert, dann ist das aus meiner Sicht für  viele Anbieter Beihilfe zur Fahrt in eine Sackgasse.  Die Bedarfsanmeldung ist letzten Endes  nicht das Ergebnis einer rationalen Entscheidungsfindung.  Sie berücksichtigt in keiner  Weise die gesamtwirtschaftlichen Vorzeichen  und scheint eher dem Wunsch der Länder geschuldet,  einen vor Jahren eingeschlagenen Weg  auch konsequent zu Ende zu gehen. Jetzt kann  man sich hinstellen und sagen, man habe alles  getan, um den Grundstein für eine zügige Digitalisierung  zu legen. Die Realität sieht  inzwischen aber anders aus. Eine Dringlichkeit  ist zu Recht bei keinem privaten Radioveranstalter  vorhanden.

promedia: Es sind trotzdem drei Abdeckungen  – zwei regionale und eine nationale – geplant.  Wird RTL Radio Deutschland überhaupt mit  neuen Angeboten vertreten sein?

Gert Zimmer: Es ist gar nicht sicher, ob es diese drei  Bedeckungen geben wird. Die Länder halten sich  bei den regionalen Bedarfsanmeldungen zurück.  Diese Zurückhaltung zeigt, dass wir richtig mit  unserer Einschätzung liegen, der terrestrischen  Digitalisierung strategisch keine übergeordnete  Rolle mehr zuzuschreiben. Es handelt sich  um kein marktgetriebenes System.

promedia: Das hat schon einmal anders geklungen.  Haben sich die Rahmenbedingungen  denn im Vergleich zu vor zwei – drei Jahren  wesentlich verändert?

Gert Zimmer: Ganz dramatisch sogar. Allen voran  zwingen uns die wirtschaftlichen Veränderungen  dazu. In den Budgets ist kein Platz mehr  für digitale Versuche im Band III vorhanden.  Darüber hinaus verändert sich der Online-Bereich  mit zunehmender Geschwindigkeit. Und  es führt kein Weg an der Einsicht vorbei, dass  die versuchte DVB-H Einführung alles andere  als ein Erfolg war. Was bleibt ist die große  Unsicherheit, dass die digitale Terrestrik für das  Radio strukturbedingt einen ähnlichen Verlauf  wie DVB-H nimmt. Wenn man dann noch  bedenkt, dass eine Umstellung momentan nur  über die Einnahmen aus dem analogen Geschäft  finanzierbar wäre, so müssen wir sagen, dass es  leider keine Bestrebungen gegeben hat, die Konsolidierung  des UKW-Marktes auch nur  ansatzweise zu forcieren. Ganz im Gegenteil:  Während wir seit Jahren auf die Dringlichkeit  zur Bildung von Senderfamilien hinweisen –  mehr Programme aus einer Hand – die  Fungibilität von Beteiligungen fordern sowie  den Abbau der UKW-Mehrfachversorgung des  öffentlich-rechtlichen Rundfunks, echten Wettbewerb  beim Sendernetzbetrieb oder die Liberalisierung  des Kartell- und Medienkon-zentrationsrechts,  es bleiben sämtliche Vorschläge  ungehört. Stattdessen sehen wir uns plötzlich  mit einer überflüssigen, aber massiv von der  ARD angeregten Debatte über eine zeitnahe  UKW-Abschaltung konfrontiert.

promedia: Wäre ein solcher analoger switchoff  nicht von Vorteil für die RTL-Radiogruppe?

Gert Zimmer: Wer hätte einen Vorteil, wenn mit dem  UKW-Netz der mit Abstand am meisten genutzte  und überaus erfolgreiche Übertragungsweg  abgeschaltet würde? Das UKW-Signal verfügt  über eine gigantische technische Reichweite,  ist stabil und es gibt rund 300 Millionen Empfänger  im Markt. UKW ist die wirtschaftliche  Basis für alle anderen Bereiche, in die das Radio  investiert. Da es keinen vergleichbaren  Übertragungsweg gibt und in dieser  proprietären Form auch nicht mehr geben wird,  wäre der analoge switch-off das Aus für die  kommerziellen Radiosender in Deutschland  und damit auch das Aus für sämtliche Formen  der Entwicklung anderer Plattformen.  Allerdings gibt es bei der Thematik einen Blickwinkel,  aus dem ich den Vorschlag der ARD  sehr begrüße: Vielleicht sollte man die Forderung  so verstehen, dass sie für die ARD-Sender  gilt. Die Gebühren finanzierten Sender wären  somit digital empfangbar. Frei werdende Frequenzen  könnten den privaten Sendern zur Verfügung  gestellt werden. Auf diesem Weg käme  es zu einer aktiven Förderung der Digitalisierung  und die Schieflage des dualen Systems im  Hörfunkbereich könnte ausgeglichen werden.

promedia: Jetzt hört man immer wieder, dass  das Radio trotz allem finanziell in guter Verfassung  zu sein scheint, damit dürften die Finanzierung  neuer Angebote und eine Simulcast-  Ausstrahlung nicht so schwierig sein?

Gert Zimmer: Ich weiß nicht, woher Sie die Information  haben, dass das private Radio finanziell  in einer guten Verfassung sein soll. Wir sprechen  über einen Bruchteil der bestehenden  Privatsender, die wirklich die Kraft haben, mehr  oder weniger unbeschadet durch die Krise zu  kommen. Viele Anbieter werden 2009 keinen signifikanten Gewinn machen oder in die  Verlustzone rutschen. Das ist die Realität. Die  Sinnhaftigkeit von neuen Angeboten und  Simulcast-Ausstrahlungen muss demnach sehr  genau hinterfragt werden. Bei Verlusten und  zusätzlichen Ausgaben, die nicht refinanzierbar  sind, liegt die Entscheidung schnell auf der  Hand.

promedia: Wer soll das neue Sendernetz finanzieren?

Gert Zimmer: Die privaten Radiosender sind wirtschaftlich  nicht in der Lage, die Kosten für die  digitale Infrastruktur zu tragen. Auch wenn verbindliche  Kostenangaben noch nicht vorliegen,  so ist davon auszugehen, dass allein die drei zur  Disposition stehenden Multiplexe Investitionen  in Höhe von dreistelligen Millionenbeträgen  erfordern. Diesen Kosten stehen weder Endgeräte  und Nutzer noch geeignete Geschäftsmodelle  gegenüber, die eine Refinanzierung ermöglichen.  Wenn es weiterhin politisch gewollt  ist, dass es für den Hörfunk ein proprietäres  digitales Sendernetz geben soll, dann kann der  Aufbau nur über staatliche Mittel funktionieren.  Unser Vorschlag ist in dem Fall, dass sich  die öffentlich-rechtlichen Sender von ihrem  Sendernetzbetrieb, der sowieso nicht zu den  Kernaufgaben Gebühren finanzierter Anstalten  gehört, trennen. Die Erlöse aus diesem Verkauf  könnten genutzt werden, um den Aufbau der  Infrastruktur im Band III zu finanzieren. Durch  diese Maßnahme könnte es auf der einen Seite  zu mehr Wettbewerb beim Sendernetzbetrieb  kommen, auf der anderen Seite hätte der digitale  Hörfunk ein belastbares und verbreitungsstarkes  Sendernetz, welches allen Beteiligten  Planungssicherheit geben würde. Sofern der  Aufbau der Infrastruktur nicht in einem solchen  Rahmen erfolgt, sehen wir aber keine  Chance für eine erfolgreiche Einführung der  digitalen Terrestrik.

promedia: Aber gibt es vielleicht noch Fragen,  die geklärt werden müssen, um dann doch noch  die digital terrestrische Verbreitung starten zu  können?

Gert Zimmer: Die Fragen sind geklärt. Jetzt geht es  darum, mit den veränderten Rahmenbedingungen  zu leben und die Planungen  hierauf abzustellen. Wir gehen davon aus, dass  die terrestrische Digitalisierung nicht so stattfinden  wird, wie sie vor zwei oder drei Jahren  geplant wurde. Im Online-Bereich sieht es  anders aus: Da sind wir mitten in der Digitalisierung.  Bei unseren Beteiligungen und Digital  5 gibt es zahlreiche spannende Ansätze, die in  den kommenden Monaten intensiv ausgebaut  werden. Auf diese Themen wollen wir uns konzentrieren.

Über Gert Zimmer:

  • Gert Zimmer  Geboren: 7. Februar 1964
  • Studium der Nachrichtentechnik
  • Praktikum bei Armed Forces Radio and Television (AFN)
  • Ab 1984 Redakteur, Moderator, Musikchef und  Programmdirektor bei mehreren Radiosendern
  • 1989 Berater der BCI-Rundfunkberatung
  • 1993 – 2003 Geschäftsführender Gesellschafter  der BCI Group
  • Seit 2004 CEO der RTL Radio Deutschland, Berlin,  und Senior Vice President Radio Central and Northern  Europe der RTL Group, Luxemburg

Digitale Dividende: Die Zeit drängt!

DSL-Verfügbarkeit nach Gemeindeklassen in Deutschland 12/2007
DSL-Verfügbarkeit nach Gemeindeklassen in Deutschland 12/2007

Ende 2007 waren über 700 Gemeinden in Deutschland noch nicht mit einem Breitband-Internetanschluss versorgt. Zudem gibt es immer noch viele Gebiete, die zwar teilweise, aber keineswegs vollständig an die Datenautobahn angeschlossen sind. Der Grund dafür: Eine leitungsgebundene Erschließung dieser Gebiete mit TV-Kabel und DSL-Leitungen ist für die Netzbetreiber mit Blick auf die geringe Zahl zusätzlich erschließbarer Haushalte schlichtweg zu teuer. Betroffenen Gemeinden und Einwohnern droht daher mittelfristig, vom schnellen Internet abgekoppelt zu bleiben.

Um das im Rahmen der Breitbandstrategie der Bundesregierung formulierte Ziel dennoch zu erreichen, nämlich bis 2010 alle unversorgten Gebiete mit leistungsfähigem Internet zu versorgen, müssen Anreize für die Erschließung dieser Gebiete durch private Netzbetreiber geschaffen werden. Die Deutsche Telekom hatte ihre Anreize bereits auf der CeBit 2009 formuliert. Man wollte bis 2010 alle Gebiete mit Breitband versorgen und dafür im Gegenzug Ausnahmen bei der Regulierung durch die Bundesnetzagentur erwirken. Im April 2009 gab die Telekom jedoch bekannt, diese Pläne aufgrund veränderter Rahmenbedingungen bei der Entgeltregulierung überprüfen zu wollen.

Ein anderes Anreizsystem könnte die sogenannte Digitale Dividende darstellen.

Hierunter werden ehemals vom Rundfunk genutzte bzw. ihm zugeordnete Frequenzen subsumiert, die im Zuge der Digitalisierung frei geworden sind. Eine flächendeckende funkbasierte Erschließung wäre zwar keine ökonomische Option, jedoch könnten einzelne abgeschnittene Gebiete mit einem Zeit- und Kostenvorteil gegenüber leitungsbasierten Technologien erschlossen werden. Im Jahr 2009, so der in einem Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur kommunizierte Plan, könnten die Frequenzen zusammen mit einem anderen Frequenzpaket für die Mobilfunknetzbetreiber vergeben werden. Damit Mobilfunkunternehmen jedoch wirklich in die Fläche gehen und die Frequenzen nicht nur – wie bei UMTS – in den Ballungsräumen nutzen, gilt hier die Auflage, mit Breitband unversorgte Gebiete zuerst zu versorgen. Zum Einsatz kommt hier möglicherweise die UMTS-Nachfolgetechnologie LTE. Der Frequenzvergabe stehen jedoch noch einige Hindernisse im Wege. In Hessen und Bayern müssen noch einige DVB-T-Frequenzen umgelegt werden. Hier fordert der VPRT finanzielle Entschädigung für mögliche Reichweitenverluste.

Außerdem gibt es in Deutschland nach Angaben der Mikrofonindustrie rund 0,7 Mio. professionelle Drahtlos-Mikrofone, die in diesem Frequenzbereich arbeiten. Für andere Frequenzbereiche ist die Technik jedoch nicht ausgelegt, was auch bei schrittweiser Frequenzumwandlung zu höheren Neuinvestitionen führen kann. Auch hier stellt sich die Frage nach einem finanziellen Ausgleich. Und obwohl Feldtests der Landesmedienanstalten die technische Machbarkeit und Verträglichkeit von Breitband-Internet im Spektrum der Rundfunkfrequenzen in ländlichen Räumen ergaben, veröffentlichten die Kabelfernsehanbieter jüngst eine Studie, in der auf die hohen Störungspotenziale beim Kabel-Fernsehempfang hingewiesen wurde, wenn ehemalige Rundfunkfrequenzen plötzlich für Mobilfunk genutzt werden.

Der Zeitplan, die Digitale Dividende noch in diesem Jahr für die Breitbanderschließung freizugeben, erscheint angesichts dieser offenen Fragen ambitioniert. Allerdings ist es sinnvoll, eine schnelle Breitband-Erschließung mit Funkfrequenzen voranzutreiben. Denn schon in wenigen Jahren werden die über die Frequenzen der Digitalen Dividende möglichen Bandbreiten nicht mehr ausreichen, um ein attraktives Breitbandangebot für die Endkonsumenten anbieten zu können.

Autoren: Michael Schmid, Dr. André Wiegand

E-mail: info@Goldmedia.de

Goldmedia und die Mugler AG haben in einer weiterführenden Studie die wirtschaftlichen Effekte einer Nutzung der Digitalen Dividende analysiert. Zur Studie:
http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/15978.pdf

DAB auf der Überholspur? Überraschender DAB-Boom in der Schweiz

DAB-Verbreitung in der Schweiz 2007-2009
DAB-Verbreitung in der Schweiz 2007-2009

Es geschehen noch Zeichen und sogar digitale Wunder. So zum Beispiel in der Schweiz: 230.000 DAB-Endgeräte sind dort nach aktuellen Angaben der Neuen Zürcher Zeitung bereits im Markt. Bis Ende dieses Jahres sollen es gar 300.000 Empfänger sein, – schätzt zumindest das Schweizer Radio DRS. Angesichts von 3,3 Mio. Haushalten in der Schweiz hätten digitale Radioempfänger damit 2009 eine Marktpenetration von knapp 10 Prozent erreicht! Ein Wert, wie er sonst nur mit echten Innovationserfolgen a la (Breitband)-Internet oder Mobilfunk vergleichbar ist! Irgendetwas haben die Schweizer also richtig gemacht.

Zugeschrieben wird der Erfolg vor allem einer Medienkampagne rund um die „Musikwelle“, ein DRS-Hörfunkprogramm für Volksmusik, Traditionelles und Heimat, das seinen Mittelwellenplatz räumen musste und auf DAB wechselte. Zwei Drittel der nach Mediapulse/Radiocontrol 2008 rund 350 Tsd. täglichen, überwiegend älteren Hörer folgten und kauften sich einen Digital-Empfänger. Ergo die zweite Überraschung: Es sind nicht immer „Early Adopter“ oder technophile Digitalfans, die einer neuen Technologie zum Durchbruch verhelfen. Ältere Bürgerinnen und Bürger, die schlichtweg „Ihren“ Sender weiter empfangen wollen, bringen eine fast schon totgeglaubte Technik ebenso konsequent nach vorn. Zumindest in der Schweiz.

Würde sich eine solche Story in Deutschland wiederholen lassen? Eher nicht. Reichweitenverluste oder gar mögliche neue Wettbewerber sind für werbefinanzierte Programme sicher keine Priorität. Und ein analoger Switch Off bedeutet in Deutschland vor allem das Ende von UKW. Dies dürfte aber selbst öffentlich-rechtlichen Veranstaltern schwer fallen. Oder finden sich doch noch Mutige?