Im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN 2009 wurde die neue Goldmedia-Studie EPGs in Europa 2014 präsentiert, die von der Presse-Programm-Service GmbH – pps unterstützt wurde.
In der von den Medientagen München veröffentlichten Pressemeldung zum Panel 6.5 Programmnavigation 2014: Perspektiven, Pläne, und politischer Sprengstoff um den EPG der Zukunft heißt es:
Der elektronische Programmführer kommt und er kommt bald. Darin waren sich die Podiumsteilnehmer auf einem Panel der Strategieberatung Goldmedia und dem PPS Presse-Programm-Service im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN einig.
Die Strategieberatung Goldmedia und PPS Presse-Programm-Service hatten geladen, um die Ergebnisse ihrer neuen Studie „EPGs in Europa 2014“ vorzustellen. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer von Goldmedia Media Consulting & Research erklärte, dass sich die EPGs in den kommenden fünf Jahren vom Nischen- zum Massenprodukt entwickeln würden. Dank Digitalisierung, HD-TV, Personal-Video-Recordern und Hybrid-TV werde es für Westeuropa ein Marktwachstum von rund zwanzig Prozent pro Jahr geben. Die Umsätze werden sich von 156 Mio. Euro in 2008 bis 2014 auf 450 Mio. Euro fast verdreifachen. Der EPG werde zur zentralen Schnittstelle zum Konsumenten, zur Verkaufsfläche und zum Werbemedium. Zudem machten attraktive Designs Lust an der Nutzung. Einziger Wermutstropfen: noch stehe der deutsche Markt im Vergleich zu anderen europäischen Märkten am Anfang der Entwicklung. Trotzdem wird auch hierzulande 2014 mindestens jeder zweite TV-Haushalt mit einem EPG ausgestattet sein, so zumindest das Ergebnis der Goldmedia-Studie. Um die Entwicklung voranzutreiben, müssten nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer allerdings einige alte Zöpfe abgeschnitten werden. So dürften etwa die Fernsehsender ihre Daten nicht länger geheim halten. Während Matthias Büchs, Bereichsleiter Online, Mobile, Teletext bei RTL interactive, bereits die Bereitschaft signalisierte, mit der Vielzahl von konkurrierenden Anbietern zusammenzuarbeiten und gegen ein Entgelt die entsprechenden Daten zur Verfügung zu stellen, zweifelte Rechtsanwalt Dr. Pietro Graf Fringuelli, Partner bei CMS Hasche Sigle, der EPG-Anbieter in einem Verfahren gegen die Privatsender vertritt, diese Bereitschaft an. Insbesondere zeigte sich Fringuelli skeptisch, ob den Anbietern Möglichkeiten blieben, ihre EPGs zu refinanzieren. Continue reading Medientage München: Der EPG steht vor der Tür→
München, 29. Oktober 2009 – Wachsende Programmdichte und steigende Zahl an TV-Plattformen und Übertragungswegen schaffen einen lukrativen Markt für Entertainmentnavigation. Zwar gibt es derzeit in Deutschland erst rund fünf Mio. Haushalte, die zur Navigation durch die audiovisuelle TV-Vielfalt einen hochwertigen elektronischen Programmführer, den sogenannten EPG, nutzen. Das entspricht 13 Prozent der deutschen TV-Haushalte. Aber schon 2014 wird mehr als jeder zweite deutsche Haushalt mit einem EPG ausgestattet sein, in Westeuropa sogar nahezu drei Viertel aller TV-Haushalte.
EPGs wandeln sich zukünftig vom Nischenprodukt zum Alltagsbegleiter und werden als hochwertige Entertainment-Guides zur komplexen Steuerzentrale des Fernseh- und Home-Entertainments. Status und Potenziale dieses Wachstumsmarktes zeigt die aktuelle Studie „EPGs in Europa 2014“ der Strategieberatung Goldmedia GmbH (http://www.Goldmedia.com), die von der Presse-Programm-Service GmbH (pps) (http://www.pps.de) gefördert wurde und deren Ergebnisse erstmals im Rahmen der Medientage München am 29.10.2009 präsentiert wurden.
Interview mit Gert Zimmer, Geschäftsführer RTL Radio Deutschland – von Helmut Hartung / Promedia Ausgabe 06/2009
Radios sind von der Werbekrise weniger betroffen als andere Medien, leichtes Plus im ersten Quartal
RTL-Radiogruppe beurteilt Nutzen der Digitalisierung des Radios weiterhin skeptisch
Internet neben UKW als zweite Säule der Programm- und Angebotsverbreitung für Hörfunksender
Am 25. März 2009 haben die Länder die Bedarfsanmeldung für eine bundesweite Bedeckung mit digitalem Hörfunk in Band III beschlossen, so dass nach der Planung der Länder und der Landesmedienanstalten spätestens im kommenden Jahr der Neustart des Digitalradios im Übertragungsstandard DAB plus erfolgen soll. Doch die Länder haben die Rechnung anscheinend ohne die Sender gemacht. Den ARD-Anstalten fehlt für die Investition in die digitale Sendertechnik das Geld, abgesehen davon, dass sie keine landesweiten Programme verbreiten dürfen, und die privaten Sender sind immer weniger geneigt, Millionen von Euro in das Digitalradio zu investieren.
So betonte der Geschäftsführer der RTL-Radiogruppe Gert Zimmer gegenüber promedia: „Wenn die Politik bei der Einführung der terrestrischen Digitalisierung Dringlichkeit suggeriert, dann ist das aus meiner Sicht für viele Anbieter Beihilfe zur Fahrt in eine Sackgasse. Die Bedarfsanmeldung ist letzten Endes nicht das Ergebnis einer rationalen Entscheidungsfindung. Sie berücksichtigt in keiner Weise die gesamtwirtschaftlichen Vorzeichen und scheint eher dem Wunsch der Länder geschuldet, einen vor Jahren eingeschlagenen Weg auch konsequent zu Ende zu gehen.”
promedia: Herr Zimmer, Nielsen hat für das 1. Quartal für das Radio ein Umsatzplus verzeichnet und man hört von vielen Radiosendern, dass sich die Werbeumsätze auch im April und Mai positiv entwickeln. Können Sie diesen Trend für RTL Radio Deutschland bestätigen?
Gert Zimmer: Verglichen mit dem Vorjahr, welches deutlich hinter den Erwartungen lag, war das erste Quartal 2009 den Umständen entsprechend zufriedenstellend. Wobei die Nielsen Zahlen Preislisten-Werte sind, die weder gestiegene Rabatte noch den zunehmenden Anteil an Eigenwerbung der Radiosender berücksichtigen. Mit Blick auf das zweite Quartal müssen wir feststellen, dass sich auch die Radiobranche inzwischen spürbar im Sog schrumpfender Werbemärkte befindet. Alle Sender leiden unter den Einbrüchen vor allem der nationalen Vermarktung. Diese Verluste können nicht mehr durch eine bis jetzt sehr erfolgreiche regionale Vermarktung kompensiert werden. In Metropolen sieht es da minimal besser aus als in den Flächenländern. Hinzu kommt die zunehmende Kurzfristigkeit der Einbuchungen, die eine belastbare Planung der weiteren Geschäftsentwicklung erschwert.
promedia: Es hatte bisweilen den Anschein, als gehöre Radio zu den Gewinnern der Medienkrise?
Gert Zimmer: Grundsätzlich mag es bei der Betrachtung des ersten Quartals so aussehen, als seien die abverkaufsorientierten Mediengattungen wie Zeitung und Radio Nutznießer der Krise. Die Zeitungen legen im ersten Quartal brutto um 6,4 Prozent an Werbeeinnahmen zu, der Hörfunk sogar um 10 Prozent. Beim Radio ist diese positive Entwicklung in erster Linie der Automobilbranche und den Handelsunternehmen zu verdanken. Aber: Bereinigt um Sondereffekte, wie die Brutto-netto-Schere und Eigenwerbung der Sender, dürften die privaten Veranstalter tatsächlich kein oder nur ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr in ihren Kassen spüren. Aber selbst das ist im Vergleich zu anderen Mediengattungen noch ein großer Erfolg.
promedia: Wie sieht Ihre Prognose für die nächsten Monate aus?
Gert Zimmer: Zum jetzigen Zeitpunkt ist jede Prognose zur Entwicklung mit Unsicherheiten behaftet. Niemand kann mit Bestimmtheit sagen, ob die Radiobranche die Rezession bereits hinter sich gelassen hat oder verspätet hineingerät. Für uns bedeutet das: strikte Kostendisziplin, Optimierung der Programmqualität und damit Steigerung der Reichweiten sowie die Erschließung alternativer Umsatzquellen. In diesem Zusammenhang appellieren wir an die Politik, dass es bei unserer wichtigsten Einnahmenquelle, der Werbung, nicht zu weiteren gesetzlichen Einschränkungen kommt. Die Überlegung seitens des Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Werbung für alkoholhaltige Getränke im Fernsehen und Radio pauschal auf die Zeit nach 20 Uhr zu verlegen, hätte für das Radio fatale Auswirkungen. Legale Produkte müssen legal beworben werden können.
promedia: Noch einmal zur aktuellen Situation: Wo sehen Sie die Ursachen für die dennoch tendenziell positive Entwicklung im Vergleich zu anderen Medien in den ersten Monaten?
Gert Zimmer: Die Stärken des Hörfunks sind Schnelligkeit, Flexibilität und die Fähigkeit, Hörer zu mobilisieren. Das sind Eigenschaften, die die Werbekunden momentan sehr schätzen und deshalb das Medium gezielt buchen. Neben anderen Faktoren hat sich die Abwrackprämie optimal geeignet, potenzielle Autokäufer über den Hörfunk anzusprechen und zu mobilisieren. Das ist vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine der taktischen Stärken des Radios. Auch zurückhaltenden Konsumenten werden Kaufanreize gegeben. Positiv ist zudem die starke regionale Verwurzelung der Sender. Unsere Beteiligungen verfügen über starke Marken innerhalb der Verbreitungsgebiete und kennen die Marktgegebenheiten und Bedürfnisse der Kunden sehr gut. Und die Werbekunden wissen wiederum, wie sie gezielt über unsere Marken mit ihren Botschaften und Produkten die Konsumenten erreichen. Und das zu einem sehr guten Preis- / Leistungsverhältnis. Deshalb kann die regionale Vermarktung im ersten Quartal bei den meisten Sendern ein gutes Ergebnis vorweisen.
promedia: Immer mehr Hörer hören Radio über das Internet, welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Ihre strategische Planung?
Gert Zimmer: Wir müssen da sein, wo die Hörer beziehungsweise wo die Nutzer sind. Und das ist zunehmend auch Online. Das Internet ist für uns eine Plattform mit zahlreichen Optionen: Wir nutzen es als Marketingtool, wir arbeiten verstärkt mit Visualisierung, wir positionieren Marken losgelöst von der analogen UKW-Welt und wir investieren in Line- und Brand Extensions. Wir sprechen also über zusätzliche Kanäle, um kleinere Zielgruppen optimal bedienen zu können. Wir sprechen über Applikationen auf mobilen Endgeräten. Und wir sprechen über neue Angebotsformen, die gezielt die für das Internet typische Vernetzung und Interaktion ermöglichen. Mittelfristig sehen wir das Internet als zweite Säule der Programm- und Angebotsverbreitung für Hörfunksender. Interessant ist in diesem Zusammenhang das mobile Internet via LTE (Long Term Evolution) und MBMS (Multimedia Broadcast Multicast Services). Unabhängig hiervon bleibt unser Kerngeschäft aber sicherlich noch über viele Jahre hinweg die UKW-Verbreitung.
promedia: Wird es mehr RTL-Web-Radio- Angebote geben?
Gert Zimmer: Die gibt es bereits. Unsere Beteiligungen bieten zahlreiche, individuelle Online- Zusatzprogramme an. Über das Konsortium Digital 5 gibt es einen Pool an Kanälen, die die Sender nutzen können. Das funktioniert sehr gut.
promedia: Nach Aussagen von Martin Stadelmaier wollen die Länder jetzt schnell die Voraussetzungen für die terrestrische Digitalisierung des Radios schaffen. Wie dringlich ist das Band III für die Radiosender?
Gert Zimmer: Wenn die Politik bei der Einführung der terrestrischen Digitalisierung Dringlichkeit suggeriert, dann ist das aus meiner Sicht für viele Anbieter Beihilfe zur Fahrt in eine Sackgasse. Die Bedarfsanmeldung ist letzten Endes nicht das Ergebnis einer rationalen Entscheidungsfindung. Sie berücksichtigt in keiner Weise die gesamtwirtschaftlichen Vorzeichen und scheint eher dem Wunsch der Länder geschuldet, einen vor Jahren eingeschlagenen Weg auch konsequent zu Ende zu gehen. Jetzt kann man sich hinstellen und sagen, man habe alles getan, um den Grundstein für eine zügige Digitalisierung zu legen. Die Realität sieht inzwischen aber anders aus. Eine Dringlichkeit ist zu Recht bei keinem privaten Radioveranstalter vorhanden.
promedia: Es sind trotzdem drei Abdeckungen – zwei regionale und eine nationale – geplant. Wird RTL Radio Deutschland überhaupt mit neuen Angeboten vertreten sein?
Gert Zimmer: Es ist gar nicht sicher, ob es diese drei Bedeckungen geben wird. Die Länder halten sich bei den regionalen Bedarfsanmeldungen zurück. Diese Zurückhaltung zeigt, dass wir richtig mit unserer Einschätzung liegen, der terrestrischen Digitalisierung strategisch keine übergeordnete Rolle mehr zuzuschreiben. Es handelt sich um kein marktgetriebenes System.
promedia: Das hat schon einmal anders geklungen. Haben sich die Rahmenbedingungen denn im Vergleich zu vor zwei – drei Jahren wesentlich verändert?
Gert Zimmer: Ganz dramatisch sogar. Allen voran zwingen uns die wirtschaftlichen Veränderungen dazu. In den Budgets ist kein Platz mehr für digitale Versuche im Band III vorhanden. Darüber hinaus verändert sich der Online-Bereich mit zunehmender Geschwindigkeit. Und es führt kein Weg an der Einsicht vorbei, dass die versuchte DVB-H Einführung alles andere als ein Erfolg war. Was bleibt ist die große Unsicherheit, dass die digitale Terrestrik für das Radio strukturbedingt einen ähnlichen Verlauf wie DVB-H nimmt. Wenn man dann noch bedenkt, dass eine Umstellung momentan nur über die Einnahmen aus dem analogen Geschäft finanzierbar wäre, so müssen wir sagen, dass es leider keine Bestrebungen gegeben hat, die Konsolidierung des UKW-Marktes auch nur ansatzweise zu forcieren. Ganz im Gegenteil: Während wir seit Jahren auf die Dringlichkeit zur Bildung von Senderfamilien hinweisen – mehr Programme aus einer Hand – die Fungibilität von Beteiligungen fordern sowie den Abbau der UKW-Mehrfachversorgung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, echten Wettbewerb beim Sendernetzbetrieb oder die Liberalisierung des Kartell- und Medienkon-zentrationsrechts, es bleiben sämtliche Vorschläge ungehört. Stattdessen sehen wir uns plötzlich mit einer überflüssigen, aber massiv von der ARD angeregten Debatte über eine zeitnahe UKW-Abschaltung konfrontiert.
promedia: Wäre ein solcher analoger switchoff nicht von Vorteil für die RTL-Radiogruppe?
Gert Zimmer: Wer hätte einen Vorteil, wenn mit dem UKW-Netz der mit Abstand am meisten genutzte und überaus erfolgreiche Übertragungsweg abgeschaltet würde? Das UKW-Signal verfügt über eine gigantische technische Reichweite, ist stabil und es gibt rund 300 Millionen Empfänger im Markt. UKW ist die wirtschaftliche Basis für alle anderen Bereiche, in die das Radio investiert. Da es keinen vergleichbaren Übertragungsweg gibt und in dieser proprietären Form auch nicht mehr geben wird, wäre der analoge switch-off das Aus für die kommerziellen Radiosender in Deutschland und damit auch das Aus für sämtliche Formen der Entwicklung anderer Plattformen. Allerdings gibt es bei der Thematik einen Blickwinkel, aus dem ich den Vorschlag der ARD sehr begrüße: Vielleicht sollte man die Forderung so verstehen, dass sie für die ARD-Sender gilt. Die Gebühren finanzierten Sender wären somit digital empfangbar. Frei werdende Frequenzen könnten den privaten Sendern zur Verfügung gestellt werden. Auf diesem Weg käme es zu einer aktiven Förderung der Digitalisierung und die Schieflage des dualen Systems im Hörfunkbereich könnte ausgeglichen werden.
promedia: Jetzt hört man immer wieder, dass das Radio trotz allem finanziell in guter Verfassung zu sein scheint, damit dürften die Finanzierung neuer Angebote und eine Simulcast- Ausstrahlung nicht so schwierig sein?
Gert Zimmer: Ich weiß nicht, woher Sie die Information haben, dass das private Radio finanziell in einer guten Verfassung sein soll. Wir sprechen über einen Bruchteil der bestehenden Privatsender, die wirklich die Kraft haben, mehr oder weniger unbeschadet durch die Krise zu kommen. Viele Anbieter werden 2009 keinensignifikanten Gewinn machen oder in die Verlustzone rutschen. Das ist die Realität. Die Sinnhaftigkeit von neuen Angeboten und Simulcast-Ausstrahlungen muss demnach sehr genau hinterfragt werden. Bei Verlusten und zusätzlichen Ausgaben, die nicht refinanzierbar sind, liegt die Entscheidung schnell auf der Hand.
promedia: Wer soll das neue Sendernetz finanzieren?
Gert Zimmer: Die privaten Radiosender sind wirtschaftlich nicht in der Lage, die Kosten für die digitale Infrastruktur zu tragen. Auch wenn verbindliche Kostenangaben noch nicht vorliegen, so ist davon auszugehen, dass allein die drei zur Disposition stehenden Multiplexe Investitionen in Höhe von dreistelligen Millionenbeträgen erfordern. Diesen Kosten stehen weder Endgeräte und Nutzer noch geeignete Geschäftsmodelle gegenüber, die eine Refinanzierung ermöglichen. Wenn es weiterhin politisch gewollt ist, dass es für den Hörfunk ein proprietäres digitales Sendernetz geben soll, dann kann der Aufbau nur über staatliche Mittel funktionieren. Unser Vorschlag ist in dem Fall, dass sich die öffentlich-rechtlichen Sender von ihrem Sendernetzbetrieb, der sowieso nicht zu den Kernaufgaben Gebühren finanzierter Anstalten gehört, trennen. Die Erlöse aus diesem Verkauf könnten genutzt werden, um den Aufbau der Infrastruktur im Band III zu finanzieren. Durch diese Maßnahme könnte es auf der einen Seite zu mehr Wettbewerb beim Sendernetzbetrieb kommen, auf der anderen Seite hätte der digitale Hörfunk ein belastbares und verbreitungsstarkes Sendernetz, welches allen Beteiligten Planungssicherheit geben würde. Sofern der Aufbau der Infrastruktur nicht in einem solchen Rahmen erfolgt, sehen wir aber keine Chance für eine erfolgreiche Einführung der digitalen Terrestrik.
promedia: Aber gibt es vielleicht noch Fragen, die geklärt werden müssen, um dann doch noch die digital terrestrische Verbreitung starten zu können?
Gert Zimmer: Die Fragen sind geklärt. Jetzt geht es darum, mit den veränderten Rahmenbedingungen zu leben und die Planungen hierauf abzustellen. Wir gehen davon aus, dass die terrestrische Digitalisierung nicht so stattfinden wird, wie sie vor zwei oder drei Jahren geplant wurde. Im Online-Bereich sieht es anders aus: Da sind wir mitten in der Digitalisierung. Bei unseren Beteiligungen und Digital 5 gibt es zahlreiche spannende Ansätze, die in den kommenden Monaten intensiv ausgebaut werden. Auf diese Themen wollen wir uns konzentrieren.
Über Gert Zimmer:
Gert Zimmer Geboren: 7. Februar 1964
Studium der Nachrichtentechnik
Praktikum bei Armed Forces Radio and Television (AFN)
Ab 1984 Redakteur, Moderator, Musikchef und Programmdirektor bei mehreren Radiosendern
1989 Berater der BCI-Rundfunkberatung
1993 – 2003 Geschäftsführender Gesellschafter der BCI Group
Seit 2004 CEO der RTL Radio Deutschland, Berlin, und Senior Vice President Radio Central and Northern Europe der RTL Group, Luxemburg
Ende 2007 waren über 700 Gemeinden in Deutschland noch nicht mit einem Breitband-Internetanschluss versorgt. Zudem gibt es immer noch viele Gebiete, die zwar teilweise, aber keineswegs vollständig an die Datenautobahn angeschlossen sind. Der Grund dafür: Eine leitungsgebundene Erschließung dieser Gebiete mit TV-Kabel und DSL-Leitungen ist für die Netzbetreiber mit Blick auf die geringe Zahl zusätzlich erschließbarer Haushalte schlichtweg zu teuer. Betroffenen Gemeinden und Einwohnern droht daher mittelfristig, vom schnellen Internet abgekoppelt zu bleiben.
Um das im Rahmen der Breitbandstrategie der Bundesregierung formulierte Ziel dennoch zu erreichen, nämlich bis 2010 alle unversorgten Gebiete mit leistungsfähigem Internet zu versorgen, müssen Anreize für die Erschließung dieser Gebiete durch private Netzbetreiber geschaffen werden. Die Deutsche Telekom hatte ihre Anreize bereits auf der CeBit 2009 formuliert. Man wollte bis 2010 alle Gebiete mit Breitband versorgen und dafür im Gegenzug Ausnahmen bei der Regulierung durch die Bundesnetzagentur erwirken. Im April 2009 gab die Telekom jedoch bekannt, diese Pläne aufgrund veränderter Rahmenbedingungen bei der Entgeltregulierung überprüfen zu wollen.
Ein anderes Anreizsystem könnte die sogenannte Digitale Dividende darstellen.
Hierunter werden ehemals vom Rundfunk genutzte bzw. ihm zugeordnete Frequenzen subsumiert, die im Zuge der Digitalisierung frei geworden sind. Eine flächendeckende funkbasierte Erschließung wäre zwar keine ökonomische Option, jedoch könnten einzelne abgeschnittene Gebiete mit einem Zeit- und Kostenvorteil gegenüber leitungsbasierten Technologien erschlossen werden. Im Jahr 2009, so der in einem Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur kommunizierte Plan, könnten die Frequenzen zusammen mit einem anderen Frequenzpaket für die Mobilfunknetzbetreiber vergeben werden. Damit Mobilfunkunternehmen jedoch wirklich in die Fläche gehen und die Frequenzen nicht nur – wie bei UMTS – in den Ballungsräumen nutzen, gilt hier die Auflage, mit Breitband unversorgte Gebiete zuerst zu versorgen. Zum Einsatz kommt hier möglicherweise die UMTS-Nachfolgetechnologie LTE. Der Frequenzvergabe stehen jedoch noch einige Hindernisse im Wege. In Hessen und Bayern müssen noch einige DVB-T-Frequenzen umgelegt werden. Hier fordert der VPRT finanzielle Entschädigung für mögliche Reichweitenverluste.
Außerdem gibt es in Deutschland nach Angaben der Mikrofonindustrie rund 0,7 Mio. professionelle Drahtlos-Mikrofone, die in diesem Frequenzbereich arbeiten. Für andere Frequenzbereiche ist die Technik jedoch nicht ausgelegt, was auch bei schrittweiser Frequenzumwandlung zu höheren Neuinvestitionen führen kann. Auch hier stellt sich die Frage nach einem finanziellen Ausgleich. Und obwohl Feldtests der Landesmedienanstalten die technische Machbarkeit und Verträglichkeit von Breitband-Internet im Spektrum der Rundfunkfrequenzen in ländlichen Räumen ergaben, veröffentlichten die Kabelfernsehanbieter jüngst eine Studie, in der auf die hohen Störungspotenziale beim Kabel-Fernsehempfang hingewiesen wurde, wenn ehemalige Rundfunkfrequenzen plötzlich für Mobilfunk genutzt werden.
Der Zeitplan, die Digitale Dividende noch in diesem Jahr für die Breitbanderschließung freizugeben, erscheint angesichts dieser offenen Fragen ambitioniert. Allerdings ist es sinnvoll, eine schnelle Breitband-Erschließung mit Funkfrequenzen voranzutreiben. Denn schon in wenigen Jahren werden die über die Frequenzen der Digitalen Dividende möglichen Bandbreiten nicht mehr ausreichen, um ein attraktives Breitbandangebot für die Endkonsumenten anbieten zu können.
Es geschehen noch Zeichen und sogar digitale Wunder. So zum Beispiel in der Schweiz: 230.000 DAB-Endgeräte sind dort nach aktuellen Angaben der Neuen Zürcher Zeitung bereits im Markt. Bis Ende dieses Jahres sollen es gar 300.000 Empfänger sein, – schätzt zumindest das Schweizer Radio DRS. Angesichts von 3,3 Mio. Haushalten in der Schweiz hätten digitale Radioempfänger damit 2009 eine Marktpenetration von knapp 10 Prozent erreicht! Ein Wert, wie er sonst nur mit echten Innovationserfolgen a la (Breitband)-Internet oder Mobilfunk vergleichbar ist! Irgendetwas haben die Schweizer also richtig gemacht.
Zugeschrieben wird der Erfolg vor allem einer Medienkampagne rund um die „Musikwelle“, ein DRS-Hörfunkprogramm für Volksmusik, Traditionelles und Heimat, das seinen Mittelwellenplatz räumen musste und auf DAB wechselte. Zwei Drittel der nach Mediapulse/Radiocontrol 2008 rund 350 Tsd. täglichen, überwiegend älteren Hörer folgten und kauften sich einen Digital-Empfänger. Ergo die zweite Überraschung: Es sind nicht immer „Early Adopter“ oder technophile Digitalfans, die einer neuen Technologie zum Durchbruch verhelfen. Ältere Bürgerinnen und Bürger, die schlichtweg „Ihren“ Sender weiter empfangen wollen, bringen eine fast schon totgeglaubte Technik ebenso konsequent nach vorn. Zumindest in der Schweiz.
Würde sich eine solche Story in Deutschland wiederholen lassen? Eher nicht. Reichweitenverluste oder gar mögliche neue Wettbewerber sind für werbefinanzierte Programme sicher keine Priorität. Und ein analoger Switch Off bedeutet in Deutschland vor allem das Ende von UKW. Dies dürfte aber selbst öffentlich-rechtlichen Veranstaltern schwer fallen. Oder finden sich doch noch Mutige?