Boom der Internet-Inkubatoren. Gastkommentar auf kress.de von Klemens Gaida

Dr. Klemens Gaida
Dr. Klemens Gaida

Twitter, CityDeal oder dropbox – weltweite Internetdienste mit schneller Erfolgsgeschichte. Aber nicht nur der Erfolg ist ihnen gemeinsam, sondern auch die Entstehungsgeschichten ähneln sich: Alle sind das Arbeitsergebnis sogenannter Inkubatoren. So ging der Kurznachrichten-Dienst Twitter 2007 aus dem US-Inkubator Obvious hervor, der Groupon-Klon CityDeal entstand in Deutschland 2009 aus Rocket Internet, und wiederum in den USA entwickelte sich der Cloud-Service dropbox aus dem Inkubator Y-Combinator. Was sind Inkubatoren und warum ist das Modell dieser schnellen „Ideen-Brüter“ gerade jetzt (wieder) so gefragt?

Jeder von uns ist ständig auf der Suche nach neuen Ideen. Das trifft auf private Gründer zu, die sich verwirklichen wollen, ebenso auf Unternehmen, die sich immer wieder neu erfinden müssen. Auch Universitäten und Hochschulen brauchen kontinuierlich Forschungstransfer. Für jeden geht es um das erfolgreiche „Ausbrüten“, also die Inkubation neuer Geschäftsideen. Die sogenannten „Business-Inkubatoren“ helfen, Innovationsvorhaben unternehmerisch zu entwickeln.

Ein Blick zurück: Das Konzept der Business-Inkubatoren, kleine Firmen mit Infrastruktur und Unterstützung beim Geschäftsaufbau zu begleiten, begann bereits im Jahr 1959 bei New York auf einer früheren Hühnerfarm – in Analogie zu den brütenden Hühnern als Inkubator bezeichnet. Bis 1999 gab es weltweit rund 600 Inkubatoren, heute sind es schon mehr als 4.000. Und fast täglich kommen neue hinzu. Nach dem Platzen der New-Economy-Blase und dem Verschwinden der ersten Brüter-Generation erleben Inkubatoren seit 2008 eine starke Renaissance. Das trifft besonders auf die Internet-Inkubatoren zu – getragen von der Web 2.0-Welle und dem Hype rund um Facebook, Groupon, LinkedIn und anderen Internet-Protagonisten.

So existieren auch in Deutschland inzwischen zwei Dutzend solcher Internet-Inkubatoren, und neue Vertreter werden fast monatlich gemeldet. Die Inkubatoren-Szene wächst beträchtlich, prominente Beispiele sind neben Rocket Internet auch Team Europe Ventures und Springstar in Berlin sowie HackFwd und Hanse Ventures in Hamburg. Aber auch im Westen Deutschlands ist Aufbruchstimmung mit den Inkubatoren 1stMOVER in Düsseldorf sowie Betafabrik und ganz neu Crossventures in Köln.

Allen Inkubatoren gemeinsam ist das Konzept der systematischen Ideenauswahl und der „industriellen“ Projektierung mit dem Ziel, ein ausgewogenes Portfoliomanagement mit Synergien und eine Risikostreuung zwischen den Start-up-Projekten zur erzielen. Im Zeitverlauf heißt das, möglichst viele Ideen zu pilotieren und bei erfolgreichem Pilottest zügig in den Markt zu bringen. Bei einer Erfolgsrate von 1:10, dies zeigt die Erfahrung, kann schnell der eine oder andere große Treffer gelingen. Die Anteile an erfolgreich inkubierten Start-ups werden in der nächsten Finanzierungsrunde oft weiter verkauft und der Verkaufserlöse in die Inkubation neuer Ideen investiert. Die Vision ist ein immer größer und wertvoller werdendes Start-up-Portfolio. Allerdings ist das Geschäftsmodell der Inkubatoren so riskant wie das von vielen ihrer Start-ups – bis heute ist kein Beispiel eines langfristig erfolgreichen Internet-Inkubators bekannt.

Allerdings steht das Internet mit hoher Innovationsdynamik und unzähligen Anbietern als junger Industriezweig immer noch am Anfang seiner Entwicklung, vergleichbar etwa mit der Automobilindustrie zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Eine spannende Begleiterscheinung ist die Rolle des Internets als „Werkzeugkasten“ für die Inkubation von neuen Geschäftsideen. Für den gesamten Inkubationsprozess können vielfältige Internet-Tools genutzt werden. Das Instrumentarium beginnt beim Ideenmanagement und reicht über die Pilotentwicklung, den Team- und Organisationsaufbau bis hin zur Produkteinführung am Markt. Zahlreiche webbasierte Tools stehen dafür inzwischen zur Verfügung, Beispiele sind Trend- und Ideen-Crowdsourcing, Rapid Prototyping, Social Product Development, Product Co-Creation, Co-Founder Matching, Crowdfunding oder Online Product Testing.

Dr. Klemens Gaida, Geschäftsführer Goldmedia Innovation GmbH
[Inkubatoren und Internet-Tools sind das Thema des neuen Buchs „Gründen 2.0“ von Klemens Gaida, Gabler Verlag 2011] Weitere Infos

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