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E-Mail ist für alte Leute. Goldmedia Gast-Kommentar auf kress.de von Dr. Klaus Goldhammer

E-Mail ist für alte Leute. Oder: Warum Jugendliche das Handy nicht nur zum Telefonieren nutzen.

Über 500 Millionen aktive Facebook-Nutzer weltweit, die monatlich drei Milliarden Bilder und zehn Millionen Videos hochladen (lt. Unternehmensangaben); Abermillionen von Gruppen und Chats und nun die angekündigte Kooperation mit 120 Mio. aktiven Skype-Kunden. – Social-Media-Plattformen sind heute unbestritten die wichtigste Plattform, um Inhalte unkompliziert und schnell mit Einzelnen oder dem gesamten Freundes- und Bekanntenkreis zu teilen. Per Messenger, Chat, Tweet oder Videochat. Was aber bedeutet diese Turboentwicklung für andere Kommunikations- und Informationswege?

Dr. Klaus Goldhammer
Dr. Klaus Goldhammer

Eine aktuelle Untersuchung aus den USA zeigt, dass die gute alte E-Mail in die „Jahre kommt“. Zumindest hat dieser Prozess bei jüngeren Zielgruppen begonnen: In einer aktuellen Befragung von US-Internetnutzern (Chadwick Martin Bailey 2010) antworteten 18- bis 24-Jährige auf die Frage, welche Kanäle sie zur Verbreitung von Inhalten nutzen zu 76 Prozent: „Facebook“. Mit 70 Prozent folgt die E-Mail zwar noch dicht auf, rangiert aber bereits auf Platz zwei. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen ist mit 78 Prozent noch E-Mail der dominante Kommunikationskanal gegenüber Facebook mit 70 Prozent. – Völlig anders hingegen das Bild bei den Älteren: Bei den 45- bis 54-Jährigen liegt E-Mail bei 92 Prozent (Facebook nur 43 Prozent) und in der Altersgruppe 65+ ist E-Mail das Mittel der Wahl für stolze 97 Prozent (Facebook nur 24 Prozent).

Böse Zungen zischeln bereits: “E-Mail is for old people!” – Und da ist ein wenig Wahrheit dran. Denn einmal lieb gewonnene oder eingeübte Kommunikations-Gewohnheiten ändern sich im Alter nur noch langsam. Die Kohortentheorie, die besagt, dass in jeder Altersgruppe, also bspw. bei den 10- bis 19-Jährigen gegenüber den 20- bis 29-Jährigen Kohorten usf., relativ ähnliche Mediennutzungsmuster zu finden sind, diese Kohortentheorie gilt offenbar auch für die Nutzung der Kommunikations­mittel und -wege: Wer heute sein Handy nur zum Telefonieren nutzt, kann schlecht nachvollziehen, was Jugendliche mit ihren Smartphones so alles anstellen.

Die kommunikativen Diskrepanzen werden immer größer: Während ältere Nutzergruppen Inhalte vor allem dann auf Facebook verbreiten, wenn sie von ihrer Nützlichkeit für den Empfänger überzeugt sind, teilen jüngere Nutzer Inhalte, die sie selbst interessant und unterhaltsam finden, egal welches Interesse den Empfängern unterstellt wird. Die Motivation beeinflusst also letztlich die Wahl des Kommunikationskanals: Zielgerichtete Kommunikation via E-Mail an ausgewählte Nutzer oder eine volle Breitseite an News für den gesamten Freundes- und Bekanntenkreis via Facebook oder Twitter.

Falsch ist aber zu glauben, jüngere Zielgruppen würden nur noch „in der Masse“ kommunizieren. Denn soziale Netzwerke erfahren in der Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen aus einem ganz anderen Bereich erhebliche Konkurrenz: In einer anderen Umfrage (ExactTarget 2010) wurden US-Teenager aufgefordert, zwischen Facebook und SMS zu wählen. Die Entscheidung war deutlich: 12 Prozent kommunizieren bevorzugt über Facebook. Viermal so viele Jugendliche (48 Prozent) jedoch lieber per SMS. Und die Daten sind atemberaubend: Durchschnittlich versendet ein US-Teenager (lt. Nielsen) 3.339 SMS im Monat oder 111 SMS pro Tag! Dieser Wert belegt mehrere Theorien: Die direkte Kommunikation kommt wohl nie aus der Mode. Mobilfunkern wird es in den kommenden Jahrzehnten nicht schlecht gehen, wenn sie die SMS-Tarife schützen. – Und in der Tat können sich Ältere kaum noch vorstellen, was Jugendliche so mit ihren Smartphones wirklich machen.

Dr. Klaus Goldhammer

Geschäftsführer Goldmedia GmbH Strategy Consulting