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Die EU muss auch das Rundfunkrecht im Blick haben, von Petra Kammerevert (SPD), Mitglied des Europaparlaments, Mitglied des Kultur- und Medienausschusses, promedia März 2012

Zum EU Grünbuch über den Online-Vertrieb von audiovisuellen Werken

Die EU muss auch das Rundfunkrecht im Blick haben

Von Petra Kammerevert (SPD), Mitglied des Europaparlaments, Mitglied des Kultur- und Medienausschusses

Bereits im Juli 2011 legte die Kommission ein “Grünbuch über den Online-Vertrieb von audiovisuellen Werken” vor. Es stellt die Diskussionsgrundlage für die Frage dar, inwieweit auf europäischer Ebene die Rechtssetzung verändert werden muss, damit einerseits mehr audiovisuelle Werke für den online-Vertrieb generiert werden und sie andererseits besser ihren Weg zu Interessenten finden. Bis Mitte November 2011 war die Öffentlichkeit im Rahmen einer EU-weiten Konsultation aufgefordert, zum Grünbuch Stellung zu nehmen und eigene Vorschläge zu unterbreiten. Jetzt wird im Europäischen Parlament über die Vorschläge aus dem Grünbuch debattiert.

Petra Kammerevert
Petra Kammerevert

Im Grünbuch werden erneut viele urheberrechtliche Probleme, die für eine online-Verbreitung audiovisueller Inhalte hinderlich sein könnten, erörtert. Es ist richtig und wichtig, diese Fragen zu klären, aber wir dürfen nicht nur ihnen allein Aufmerksamkeit schenken, sondern müssen den Fokus der Betrachtung erweitern. Es fehlt an einem umfassenden Ansatz, in dem auch rundfunkrechtliche Aspekte angemessen behandelt werden. Alte Fragen stellen sich dabei neu und dringlicher als bisher: Mit dem Hybrid-TV erleben wir eine neue und sicherlich nicht die letzte Stufe der Medienkonvergenz. Die Herkunft eines auf dem Bildschirm präsentierten Inhalts wird für den Zuschauer nicht mehr eindeutig als das Angebot eines Rundfunkanbieters oder eines Internetunternehmens identifizierbar sein. Ist das Gerät also eher ein PC oder eher ein Fernseher? Ist es überhaupt noch sinnvoll, zur Abgrenzung technische Anknüpfungspunkte heranzuziehen? Ist die unterschiedliche Regulierung linearer und nicht-linearer Dienste nicht spätestens jetzt überholt? Ist möglicherweise gar der gesamte Rundfunkbegriff untauglich geworden? Die bisherige Abgrenzung, dass beim linearen Angebot der Anbieter den Ausstrahlungszeitpunkt und beim nicht-linearen Angebot der Nutzer den Übertragungszeitpunkt durch seinen Abruf bestimmt, mutet im Zusammenhang mit der Generation Hybrid-TV geradezu realitätsfern an. Sollte man stattdessen künftig auf den potenziellen Einfluss eines Angebots auf die Meinungsbildung abstellen und wie lässt sich das wirklich objektiv messen? In Deutschland stellt sich diese Frage noch verschärfter: Kann unter diesen Bedingungen der seinerzeit gefundene Beihilfekompromiss, der in Deutschland zum 3-Stufen-Test führte, noch aufrechterhalten werden? Wird nicht spätestens jetzt offenkundig, dass Verweildauerkonzepte und Beschränkungen für den Onlineabruf von Fernsehinhalten dem Charakter des Continue reading Die EU muss auch das Rundfunkrecht im Blick haben, von Petra Kammerevert (SPD), Mitglied des Europaparlaments, Mitglied des Kultur- und Medienausschusses, promedia März 2012