Trendmonitor 2015: Searchless Search wird real. Trend-Ausblick von Klaus Goldhammer

Searchless Search wird real: Finden ohne Suche durch mitdenkende Personal Digital Assistants

Prof. Dr. Klaus Goldhammer, © Goldmedia
Prof. Dr. Klaus Goldhammer, © Goldmedia

Eine Vision von Larry Page, Gründer und CEO von Google, wird greifbar: „Searchless Search“ – die Suche (oder besser: das Finden von Informationen), ohne explizit zu suchen, dringt langsam in unser Leben vor. Während das klassische Googeln per Tastatur scheinbar seinen Zenit erreicht, kommen immer mehr sogenannte Personal Digital Assistants wie Apples „Siri“ oder Microsofts „Cortana“ auf den Markt und gestalten das Suchen und Finden humaner, weil sie auf Sprache reagieren und zumeist auch sinnvoll antworten. (Bitten Sie Siri mal, dass Sie Ihnen einen guten Witz erzählt.) Die Assistenten funktionieren leidlich gut, doch es bleibt eine große Herausforderung: „Intelligent“ erscheinen sie erst dann, wenn sie relevante Informationen vermitteln, nach welchen der Nutzer möglichst noch gar nicht explizit gefragt hat.

Die Ansätze sind verschieden

Kontextsensitive Empfehlungen: Wenn wir – wie immer – morgens um acht zu Hause ins Auto einsteigen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass – wie immer an einem Werktag – die Fahrt ins Büro geht. Dann sind aktuelle Staumeldungen im Navi auf der Route zum Arbeitsplatz recht sinnvoll. Sind aber gerade Schulferien und im Kalender ein Urlaub eingetragen und handelt es sich zudem um Samstag oder Sonntag, liegt die Vermutung nahe, dass die Reise ganz woanders hingehen könnte. Dann könnte etwa das Wetter am Urlaubsort (ersichtlich aus der Hotelbuchung) interessant sein. – Solche kontextsensitiven Empfehlungen sind der erste Schritt in Richtung Searchless Search.

Dazu müssen aber, wie bei den Stauinfos auf der Fahrt zur Arbeit, zahlreiche Bedingungen erfüllt sein: Habe ich zum Beispiel eine Einkaufsliste gespeichert und ist mein Terminkalender geöffnet, der zeigt, dass ich gerade etwas Zeit habe, und signalisiert das Handy meinen Standort, dann könnte mir ein intelligenter Personal Digital Assistant vorschlagen, dass ein passendes Geschäft in der Nähe ist, wo ich meine Einkaufliste jetzt erledigen könnte.

Kontextsensitive Hinweise und Informationen sind einerseits faszinierend, aber stets an zahlreiche Vorbedingungen geknüpft. Wenn sie mit den Stimmen eines Personal Digital Assistants übermittelt werden, wirken sie lebensnaher, aber gerade deshalb auch äußerst irritierend, denn: Woher weiß mein Handy das alles?

Doch es geht noch weiter…

Neue Such- und Empfehlungshardware: Google Glass, die bereits wieder abgekühlt heißeste Sehhilfe aus den Google-Laboratorien, ist eine der wohl bekannteren Searchless Search-Projekte. Größte Herausforderung beim Interface-Design ist auch hier, wie man Such­informationen und automatisierte Empfehlungen so präsentiert, dass die Nutzer nicht überfrachtet werden oder, schlimmer noch, milde Formen von Verfolgungswahn entwickeln.

Ende 2014 präsentierte der einstige E-Commerce-Anbieter Amazon in den USA den „Echo“, einen Netzwerklautsprecher für das Wohnzimmer in Form einer kleinen schwarzen Röhre mit persönlicher Digitalassistentin namens „Alexa“. Alexa lauscht beständig, ob man nach ihr ruft. Sagt man ihren Namen, springt sie an und spielt nach Wunsch Musik aus der Cloud, schaut in Wikipedia nach, liest Nachrichten, Sportergebnisse und Wettervorhersagen. Alle berechtigten Verfolgungsängste beiseite, dass Amazonserver nun die Wohnung laufend abhören können, werden auch hier aus einstigen Suchmaschinen (wie bei Google) oder Produktverzeichnissen (Amazon) immer gigantischere Datenbanken, die jederzeit unfassbare Mengen an Informationen filtern und äußerst kommod übermitteln können. Natürlich kann man auch weiter ausschließlich im Großen Brockhaus blättern, aber das dortige verfügbare Wissen ist äußerst begrenzt im Vergleich zu Alexa oder Siri und weit unkomfortabler präsentiert.

Dann doch lieber Freunde fragen

Social Search: Die offenbar etablierteste Searchless Search-Funktion ist der Rückgriff auf die Nutzungsmuster meiner Freunde. Der Facebook-Feed dient heute bereits als News-Lieferant und Video-Empfehlungs-Stream. Das hat bereits dazu geführt, dass Facebook mittlerweile mehr Videos ausliefert als YouTube! Social Media erlauben so nicht nur die neue absichtslose Suche, sondern bestenfalls auch die Entdeckung neuer oder passender Inhalte.

Nachdem die Markteinführung von Google Glass von 2014 auf 2015 verschoben wurde und es auch um die Apple Watch sehr schnell sehr still geworden ist, wird sich zeigen, ob der Kunde diese Art von Gadgets tatsächlich nutzen will. Auch kann man gespannt sein, ob Amazons Echo in den USA auf Akzeptanz stößt und den Sprung nach Europa schafft. Klar ist aber: Die Entwicklung von Searchless Search wird uns 2015 weiter stark beschäftigen. Ob als Hardwarelösung, kontextsensitiver Hinweis oder als Social Media-Feed. Vor allem die klassischen Medien sollten überlegen, wie sie diesen Trend zum absichtslosen Suchen und Finden weiter in ihre Produkte und Dienste integrieren können.

Autor: Prof. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer Goldmedia GmbH Strategy Consulting

Der Beitrag wurde bei kress.de als Gastbeitrag erstveröffentlicht.

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