Megabits sind nicht alles. Artikel von Dietmar Schickel, Geschäftsführer Tele Columbus Gruppe, promedia Juni 2012

Die Vorzüge des Breitbandkabels im Wettbewerb der Infrastrukturen

Megabits sind nicht alles

Von Dietmar Schickel, Geschäftsführer Tele Columbus Gruppe

Dietmar Schickel
Dietmar Schickel

„Wann knackt das Kabel die 1 Gigabit-Marke?“, fragte jüngst ein Diskussionsteilnehmer. Eine schwierige Frage, weil es je nach Perspektive eine unwichtige oder sogar falsche Frage ist: Geht es nach dem Gesamtvolumen dessen, was das Breitbandkabel bereits heute in jeden Haushalt transportiert, dann sind wir längst weit oberhalb dieser Marke – aber das ist mit der Frage wohl nicht gemeint. Es geht wohl nur um die Internet-Geschwindigkeit, das magische Wachstum der in den Werbeprospekten angegebenen Downloadraten. Und es ist an der Zeit, einige Missverständnisse aufzuklären.

Wenn führende Kabelnetzbetreiber wie die Tele Columbus Gruppe über Internet-Zugänge mit einer Leistungsfähigkeit von mehr als 100 Megabit pro Sekunde sprechen, dann illustriert das vor allem die enormen Leistungsreserven des Breitbandkabels für interaktive Anwendungen – zumal die eigentliche Fernsehausstrahlung inklusive HDTV nicht innerhalb, sondern außerhalb dieser Megabits erfolgt. Die Frage ist deshalb nicht, wie viel das Kabel bieten könnte, sondern was wirtschaftlich tragfähig, für den Kunden nutzbringend und von ihm gewünscht ist. Die aktuellen Maximalwerte in den Angeboten der Kabelnetzbetreiber orientieren sich am Sinnvollen, nicht am Möglichen: Eine Bandbreitensteigerung, die vom Kunden nicht bemerkt wird oder sich im realen Datendurchsatz gar nicht auswirkt, weil Server den Datenstrom langsamer bereitstellen als der Transportweg erlauben würde, kann nicht das Ziel sein.

Dass die Downloadrate als so relevant von den Kunden wahrgenommen wird, liegt an deren leidvollen Erfahrungen mit dem Telefonnetz: Die ursprünglich nur für die schmalbandige Sprachübertragung konzipierten Telefondrähte mühen sich seit zwanzig Jahren damit ab, die steigenden Anforderungen der Medienanwendungen zu bewältigen. Egal ob Websites per Analogmodem, Downloads per ISDN oder Bewegtbild in der DSL-Anfangszeit: Immer waren es die Kilobit oder die Megabit pro Sekunde, an denen ein flotter Empfang der jeweils aktuellsten Trendanwendungen scheiterte. Und auch wenn VDSL, der letzte Schuss in diesem Aufholkampf, zumindest etwas höhere Megabit-Zahlen leisten kann, stößt es bei HDTV im Mehrnutzerhaushalt bereits wieder an die Leistungsgrenze.

Hase-Igel -Spiel zwischen Technologie und Nutzer

Der TV-Empfang per Satellit ist ein weiteres Beispiel für dieses Hase-und-Igel-Spiel zwischen Technologie und Nutzerverhalten. Mit dem endgültigen Digitalumstieg zum 30. April scheint der Satellitenempfang seinen Weg zum modernsten Standard bewältigt zu haben. Aber der erzwungene Austausch der Receiver und LNBs in den vergangenen Monaten bedeutet nur die Umstellung auf einen im Hinblick auf die Zukunftstrends eigentlich schon wieder veralteten Empfangsweg. Denn die kommenden Generationen der Fernsehzuschauer beurteilen die Attraktivität ihres primären Zugangswegs nicht mehr danach, wie reichhaltig und leistungsfähig er in der Ausstrahlung von Massenprogrammen ist, sondern wie gut er den individuellen Abruf von Einzelinhalten bewältigt.

Soweit zu den puren Leistungsmerkmalen, die für die Gruppe der innovationsorientierten Zuschauer interessant sind. Aber es gibt – und das scheint manchmal vergessen zu werden – auch eine relevante Gruppe von Mediennutzern, die sich bei der Adaption neuer Technologien und Möglichkeiten eher konservativ verhalten, die sich mit Änderungen an ihrer Geräteausstattung nicht beschäftigen wollen oder damit aus Altergründen vielleicht auch schlicht überfordert wären. Der Technologiezug hatte in den zurückliegenden Jahren ein so hohes Tempo, dass manche Menschen nicht eingestiegen sind. Medienplattformen, die eine gesellschaftliche Bedeutung für sich in Anspruch nehmen, dürfen aber auch diese Zielgruppen nicht ignorieren.

Übertragungsnetze für die Zukunft gestalten

Die Herausforderung besteht also nicht mehr darin, möglichst viele Megabit in die Werbeprospekte schreiben zu können – dieser Wettkampf ist, wenn die Kabelnetzbetreiber voll aufdrehen, schnell entschieden –, sondern die teils widerstreitenden Anforderungen abzudecken: Die Übertragungsnetze so zu gestalten, dass sie für alle denkbaren und noch auszudenkenden Zukunftsanforderungen gerüstet sind, sich aber wirtschaftlich bereits heute rechtfertigen lassen. Tarifmodelle anzubieten, die den Bedarf jedes Kunden für ihn bezahlbar machen, bei denen er aber nicht für den höheren Bedarf seines Nachbarn mitbezahlt. Dem Fernsehen als Massenmedium allen Kapazitätsbedarf zu erfüllen, aber gleichzeitig seine Entwicklung zum Individualmedium zu berücksichtigen. Und natürlich Wohnungswirtschaft, Mietern und Immobilieneigentümern stets die modernsten Angebote zur Verfügung zu stellen, Innovation dem Einzelnen aber als Option statt als Pflicht zu präsentieren.

Kabel: Wichtigste Plattform für wichtigstes Medium

Für die Kabelnetzbetreiber bedeuten diese Anforderungen besondere Verantwortung. Nicht nur, weil sie den in Deutschland meistgenutzten primären TV Empfangsweg betreuen, also wenn man so will „die wichtigste Plattform für das wichtigste Medium“ bereitstellen, sondern weil keine andere Telekommunikationsplattform zur Verfügung steht, die die widersprüchlichen Erwartungen ähnlich gut erfüllen könnte, ohne die Kunden mit übergroßer Komplexität zu konfrontieren.

Das Kabelnetz bietet wirklich die ganze Bandbreite. Dies gilt im übertragenen Sinn, weil bei Triple Play tatsächlich in allen drei Sparten Telefon, Internet und Fernsehen einem nennenswerten Teil der Bevölkerung der volle Leistungsumfang geboten werden kann. Aber es gilt auch im technischen Sinn: Beim Internetzugang stellt das Kabel in Vergleichsübersichten regelmäßig sowohl den Preissieger wie auch den Kapazitätssieger – es bedient also beide Nachfrageextreme gleichermaßen gut und berücksichtigt sowohl den preissensiblen Minimalnutzer wie auch den hochleistungsorientierten Intensivnutzer.

Kein Umstiegszwang auf digitalen Empfang

Ähnlich beim Fernsehen: Auch nachdem das analoge TV-Signal über Antenne und Satellitenschüssel gestorben ist, haben Kabelkunden keinen Umstiegszwang. Sie bekommen per Re-Analogisierung – mit einem Aufwand, von dem der Kunde nichts bemerkt – weiterhin die bisherige Signalart zur Verfügung gestellt. Genauso aber die volle Auswahl digitaler Programme mit HDTV-Angeboten und zusätzlichen Programmpaketen in vielen Sprachen. Basis dafür ist eine Infrastruktur, die auf leistungsfähigen Kopfstellen basiert – genügend zentralisiert, um die jeweils aktuellste Technik wirtschaftlich einsetzen zu können, und ausreichend dezentral, um auch lokale und regionale Medienangebote zu berücksichtigen. Und ein Verteilnetz, das bei der Zuführung an die Gebäude immer häufiger auf die nahezu unbegrenzten Leistungsreserven der Glasfaser setzt. Diese Zukunftsfähigkeit, die Investitionssicherheit für die Betreiber ebenso wie für die Wohnungswirtschaft und Immobilienbesitzer bedeutet, ist das eigentliche Spielfeld, auf dem moderne integrierte Kabelnetzbetreiber wie die Tele Columbus Gruppe der Sieger sein wollen. Meister bei den Megabits sind sie längst geworden. Der Breitbandausbau ist eine zentrale Weichenstellung für die Zukunft.

Über Dietmar Schickel

  • Geboren: 1956
  • Marketingleiter in Versicherungs- und Handelsunternehmen
  • 1986 im Auftrag der Bertelsmann AG, Aufbau der RKS Berlin, eine der ersten deutschen Kabelgesellschaften
  • 1989 Mitglied der Geschäftsführung
  • 1990 – 2007 Geschäftsführer für den Bereich Marketing und Vertrieb
  • 2007 – 2009 Geschäftsführer für Wohnungswirtschaft
  • Seit Juli 2009 Chief Commercial Officer (CCO) Tele Columbus Gruppe

Artikel in der promedia Juni 2012

Weitere Informationen: promedia

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