promedia-Artikel: „Unsere Infrastruktur ist für 3D bereit“, Harald Rösch, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Kabel BW

Interview mit Harald Rösch, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Kabel BW, promedia 5/2010

Die Kunden von Kabel BW setzen immer öfter auf den Empfang des hochauflösenden Fernsehens HDTV. Seit der Einführung eines HD-Receivers Ende vergangenen Jahres als Standard-Modell und der Vorstellung eines HD-Rekorders zur Aufnahme von HDTV-Sendungen konnte Kabel BW bereits über 40.000 Kunden von den neuen HD-Empfängern überzeugen.  Insgesamt speist Kabel BW bereits 19 HDTV-Sender in sein Kabelnetz ein. 2009 war für Kabel Baden-Württemberg erfolgreich.  Der Umsatz stieg um rund 13 Prozent auf 493 Mio. Euro, das operative Ergebnis (EBITDA) verbesserte sich um 29 Prozent auf 245 Mio. Euro. Größter Wachstumstreiber war das Breitband-Internet- und Telefoniegeschäft: Die Zahl der Kunden stieg von 382.000 um rund 37 Prozent auf 525.000. Mit 143.000 Neukunden lag das Wachstumstempo sogar leicht über dem exzellenten Vorjahreswert von 142.000 Neukunden. 22,8 Prozent aller 2,3 Millionen TV-Bestandskunden nutzen inzwischen die Internet- und Telefondienste – der höchste Wert aller deutschen Kabelnetzbetreiber.  Bis Mai wird Kabel BW den Ausbau des gesamten Netzes auf 100 MBit/s abgeschlossen haben. Dann werden 7,7 Millionen Baden-Württemberger einen Zugang zum Hochgeschwindigkeitsnetz der Kabel BW haben.

Harald Rösch
Harald Rösch, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Kabel BW

promedia: Herr Rösch, Kabel BW wird bereits im Mai den Ausbau des gesamten Kabelnetzes auf 100 MBit/s abschließen. Rösch: Die Bundesregierung hat dieses Ziel bis 2018 gesetzt. Warum drücken Sie so auf das Tempo?
Harald Rösch: Mitte 2009 haben wir begonnen, in den einzelnen technischen Zentralen (HUBs) EuroDOCSIS 3.0 einzuführen. Diese Umrüstung haben wir mit hohem Tempo vorangetrieben, sodass Ende 2009 bereits fast dreiviertel der angeschlossenen Haushalte von den erhöhten Bandbreiten mit bis zu 100 MBit/s profitieren konnten. In den kommenden Wochen werden wir die Umrüstung abgeschlossen haben. Dann können insgesamt 7,7 Mio. Menschen in Baden-Württemberg mit der Spitzengeschwindigkeit von 100 MBit/s über Kabel BW im Internet surfen. Es fand und findet also eine regionale schrittweise Umstellung statt. Anders als die DSL-Anbieter mit ihren VDSL-Angeboten erreichen wir also durch die Umrüstung zentraler Komponenten in unserem Netz flächendeckend alle Kabelkunden – und nicht nur punktuell in größeren Städten oder Ballungsräumen. Das demonstriert die technische Überlegenheit des Kabelnetzes gegenüber dem klassischen Telefonnetz und bietet unseren Kunden landesweit große Geschwindigkeitsvorteile.

promedia: Welche Investitionen sind für diesen Ausbau erforderlich?
Harald Rösch: In den vergangenen Jahren haben wir mit unserer flächendeckenden Modernisierung 99,8 Prozent des Kabelnetzes auf 862 MHz rückkanalfähig ausgebaut und damit für Internet- und Telefondienste, aber auch für ein erweitertes TV-Angebot (z.B. für HDTV) fit gemacht. So haben wir seit 2006 über 500 Mio. Euro investiert. Wir nutzen unser eigenes Glasfaserbackbone, um unsere Dienste in die angeschlossenen Haushalte zu verteilen. Da wir unser Netz bereits zur Netzmodernisierung vorausschauend und damit entsprechend leistungsfähig geplant haben, findet die Umrüstung auf den neuen Standard aktuell in zentralen Netzkomponenten in unseren Netzzentren statt. Darüber hinaus erhalten unsere Kunden bei der Bestellung eines Paketes mit Bandbreiten, die wir über EuroDOCSIS 3.0 realisieren – aktuell sind das die Paket-Angebote CleverKabel 50 und CleverKabel 100 – ein Modem, das diesen Standard unterstützt. Bestandskunden erhalten bei einem Upgrade das Modem kostenlos ausgetauscht.

promedia: Inwieweit konnten Sie dafür Fördermittel nutzen?
Harald Rösch: Kabel BW hat sein Netz in den vergangenen Jahren in Eigenregie und ohne Fördermittel modernisiert. So waren wir in der Lage, schnelles Breitband-Internet auch in Regionen zu bringen, wo kein DSL oder DSL lediglich mit niedrigen Bandbreiten möglich war. Mit der Umrüstung auf EuroDOCSIS 3.0 haben wir eine weitere Ausbaustufe gezündet, sodass mit dem Abschluss der Umrüstung im Mai drei viertel der Haushalte in Baden-Württemberg schnelles Internet mit bis zu 100 MBit/s nutzen können. Das bedeutet: Kabel BW erfüllt so praktisch im Alleingang – und ohne Fördermittel – das Breitbandziel der Bundesregierung. Und zwar mit doppelter Geschwindigkeit und drei Jahre früher, als von der Politik gefordert.

promedia: Wie refinanziert sich diese Summe?
Harald Rösch: Wir erwarten auch in diesem Jahr – wie in den vergangenen Jahren – eine positive Entwicklung der Kundenzahlen im Internet- und Telefonbereich. Das generiert natürlich entsprechende Umsätze. Vor allem beobachten wir, dass sich immer mehr unserer Kunden für höherwertige und schnellere Internet- und Telefonpakete entscheiden. Und letztlich ist unser hervorragend ausgebautes, leistungsfähiges Netz die Basis für weitere Zusatzdienste wie interaktive Anwendungen. So planen wir in den nächsten Monaten unser eigenes Abruf-Angebot (Video on Demand) zu starten. Ohne die entsprechende Infrastruktur und ein interaktives, rückkanalfähiges Netz wären auch diese Dienste nicht möglich. Durch die Stärkung des TV-Angebots durch interaktive VoD-Dienste und attraktive Pay-TV-Angebote erwarten wir natürlich nicht zuletzt auch in diesem Geschäftssegment eine weiterhin positive Entwicklung.

promedia: Sie wollen auch Glasfaserkabel bis in die Wohnungen verlegen. Warum?
Harald Rösch: Kabel BW denkt, was zukünftige Dienste und was die Bandbreitenentwicklung angeht, bereits heute über EuroDOCSIS 3.0 hinaus. Denn Fakt ist: Der Bandbreitenbedarf ist in der Vergangenheit stark gestiegen und wird auch zukünftig weiter steigen. Unser Netz ist bereits heute dafür ausgelegt. Darüber hinaus planen wir, neue Gebiete zukünftig standardmäßig per Glasfaser bis ins Haus (FTTB) anzuschließen bzw. auszubauen. In zwei Pilotgebieten haben wir die erforderliche Technik im Feld erfolgreich getestet, das erste größere Projekt startet noch im ersten Halbjahr. Zudem sind die notwendigen Investitionen beim Glasfaserausbau mittlerweile durchaus vergleichbar mit der bisherigen reinen Kupfertechnik auf der letzten Meile. Und diese „Fibre to the Building“-Projekte bieten zukünftig zusätzliche enorme Erweiterungsmöglichkeiten. Insbesondere für neu zu erschließende Gebiete, wie bisher unversorgte Gemeinden, ist es daher sinnvoll gleich mittels dieser Technologie die Versorgung mit Multimediadiensten, wie TV und schnellem Internet, zu realisieren.

promedia: Bedeuten die hohen Investitionen in das Highspeed-Internet, dass Sie dem klassischen Fernsehen eine nachlassende Bedeutung beimessen?
Harald Rösch: Mit unseren Internet- und Telefonangeboten haben wir unser Produktportfolio erfolgreich erweitert. Mit weiteren Zusatzangeboten wie Video on Demand, einem noch größeren HDTV-Angebot und mobilen Diensten werden wir noch dieses Jahr an den Start gehen. Das Stichwort ist hierbei „Konvergenz“. Die Dienste und Angebote wachsen letztendlich immer weiter zusammen. Und unsere Kunden erwarten zu Recht, dass Kabel BW hier entsprechend attraktive Angebote macht. Kabel BW hat sich also in den vergangenen Jahren vom reinen Infrastrukturbetreiber zu einem Anbieter für sämtliche Entertainment-Angebote entwickelt. Und unsere Kunden nehmen diese Angebote zahlreich wahr.

promedia: Wie wird sich HDTV bei Kabel BW entwickeln? Werden auch alle öffentlich-rechtlichen-Programme eingespeist?
Harald Rösch: HDTV ist bei Kabel BW überall im Netz verfügbar und damit kein „Großstadtphänomen“ wie bei VDSL. Denn HDTV benötigt enorme Bandbreiten – das Kabel stellt diese anders als VDSL nicht nur punktuell, sondern flächendeckend zur Verfügung. Aktuell bietet Kabel BW deutschlandweit das größte HDTV-Angebot im Kabel. Auf insgesamt 19 Sendern können unsere Kunden hochauflösendes Fernsehen erleben. Neben vielen frei empfangbaren Programmen – darunter auch Das Erste HD und ZDF HD – haben wir Ende vergangenen Jahres mit ‚Clever HD’ als erster Kabelnetzbetreiber in Deutschland ein eigenes Pay-TV-Angebot mit hochauflösenden Sendern gestartet. Darüber hinaus sind sämtliche Sky HD Sender bei uns zu empfangen. Ein weiterer Ausbau in diesem Bereich ist geplant. Auch die HDTV-Angebote der großen Privatsender sind natürlich für uns interessant. Aber auch diese haben ihre Vorstellungen und Randbedingungen, die es einzuhalten gilt. Wir gehen aber davon aus, dass es auch im Interesse der Sender ist über 50% der Fernsehzuschauer im Land mit ihren HDTV-Sendern zu erreichen. Entsprechende Verhandlungen laufen. Eines ist allerdings klar: Das Geschäftsmodell muss natürlich stimmen – und zwar für alle Beteiligten.

promedia: Ist HDTV mit höheren Preisen für den Kunden verbunden?
Harald Rösch: Grundsätzlich ist der HDTV-Empfang mit jedem Kabelanschluss möglich. Dabei sind derzeit die frei empfangbaren HDTV-Programme wie auch die übrigen digitalen Free-TV-Sender unverschlüsselt und ohne Zusatzkosten zu empfangen. Einzige Voraussetzung für den HDTV-Empfang ist ein HD-Receiver und natürlich ein entsprechender FullHD oder HDready Flachbildfernseher. Bereits Ende vergangenen Jahres haben wir dabei den HDTV-Empfang für unsere Kunden zum Standard gemacht, indem wir ausschließlich HD-Receiver anbieten. Ein HD-Receiver ist bereits für 2€ monatlich oder einmalig 129,90€ zu haben. Darüber hinaus bieten wir zur Aufnahme von HDTV-Sendungen einen HD-PVR für 5€ monatlich oder einmalig 249,90€ an.

promedia: Ist 3D für Sie bereits ein Thema?
Harald Rösch: HD-3D ist die perfekte Weiterentwicklung von HDTV und bedeutet auch für uns eine ausgezeichnete Wachstums-Chance, denn unser Netz ist in der Lage, die dafür notwendige Datenmenge live zu übertragen. Das ist ein unschätzbarer Wettbewerbsvorteil. Während der Start noch durch den 3D-Blueray-Player bestimmt werden wird, können wir die ersten sein, die 3D anbieten. Wie für HDTV gilt aber: Natürlich können wir nur die Inhalte verbreiten, die auch verfügbar sind. Erste TV-Sender haben aber bereits auch für Deutschland Showcases mit 3D-Inhalten angekündigt.

promedia: Welche technischen Voraussetzungen müssen Sie dafür schaffen?
Harald Rösch: Ich kann nur sagen: Unsere Infrastruktur ist für 3D bereit! Allen Haushalten steht mehr als ausreichend Bandbreite auch für diese Revolution im TV-Bereich zur Verfügung. Andere Infrastrukturen dürften da echte Bandbreitenprobleme bekommen. Damit zeigt sich einmal mehr: Das Kabel, das in den Neunzigern noch in einer Art Dornröschenschlaf lag, hat sich durch die konsequente Modernisierung zu einer der leistungsfähigsten Infrastrukturen entwickelt und übertrumpft manch eine Technologie um ein Vielfaches.

promedia: Sie wollen Ihren Kunden im Jahr 2010 auch Mobile Telefon und Internet anbieten. Warum, das hat doch mit Ihrem klassischen Kabelgeschäft nichts mehr zu tun?
Harald Rösch: Kabel BW und die Kabelnetzbetreiber allgemein haben sich von klassischen Infrastrukturanbietern in den vergangenen Jahren zu echten Dienstleistungsunternehmen gewandelt. Dabei spielen neben dem Geschäft mit analogem, digitalen und hochauflösenden Fernsehen die Telekommunikationsdienste eine immer größere Rolle. Schließlich haben wir mit unserem Netz riesige Potentiale auf diesem Gebiet. Und auch bei den Kunden in Baden-Württemberg haben wir uns fest als Telekommunikationsanbieter etabliert. Nun planen wir, unsere CleverKabel Internet- und Telefonpakete um mobile Dienste zu ergänzen. Zum Start legen wir den Fokus auf das mobile Internet und machen CleverKabel dadurch ein Stück weit mobil. Unsere Kunden sollen mit unseren Angeboten, überall online gehen können. Und die Kabel BW Kunden wissen, dass sie bei unseren Produkten ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bekommen – das gilt auch für die mobilen Dienste. Später werden wir als Option zu den CleverKabel-Paketen auch mobile Telefonie anbieten. Damit ergänzen wir unser Produktportfolio logisch um eine weitere Komponente und bieten unseren Kunden sämtliche Entertainment- und Telekommunikationsdienste aus einer Hand.

promedia: Verfügen Sie über das notwendige Know-how?
Harald Rösch: Nicht nur unsere Infrastruktur, auch unsere Prozesse und gerade auch unseren Kundenservice haben sich in den letzten Jahren gewandelt: Dadurch haben wir auch was diese Themen angeht natürlich auch auf sämtliche Telekommunikationsdienstleistungen ausgerichtet. So haben wir nicht nur die Zahl der Mitarbeiter im Kundenservice und im technischen Support erhöht, sondern auch qualitativ einiges verbessert. Durch ständige Schulungen unserer Mitarbeiter stellen wir sicher, dass Anfragen auch zu neuen Produkten kompetent und für den Kunden zufrieden stellend beantwortet werden. Insgesamt hat das Unternehmen darüber hinaus in den vergangenen Jahren viel Know-how – gerade auch was die Telekommunikation und die Bedürfnisse der Kunden betrifft – hinzugewonnen, sodass wir uns auch für diesen nächsten Schritt gut aufgestellt sehen.

Über Harald Rösch

  • Geboren: 1969
  • Studium Betriebswirtschaft
  • 1993 – 1999 Projektleiter bei McKinsey
  • 2001- 2003 Leitung der Internetabteilung der Telecom Italia in Mailand
  • 2003 – 2009 Geschäftsführer der HanseNet, die mit der Privatkundenmarke „Alice“ zu einem deutschlandweit agierenden Telekommunikationsanbieter aufgebaut und AOL Deutschland übernommen wurde
  • Seit Februar 2009 Vorsitzender der Geschäftsführung bei Kabel BW

Weitere Informationen: promedia

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