Tag Archives: Promedia

Neue Vorfahrtsregeln im Internet?, promedia-Artikel von Rechtsanwalt Dr. Christoph Wagner

Jeder Nutzer des Internet kennt die Sanduhr, die erscheint, wenn der Computer-Bildschirm einfriert und erst einmal gar nichts passiert. Sie löst je nach Dauer erst ein Gefühl der Ohnmacht aus, dann Ärgern und schließlich entnervtes Hauen auf verschiedene Tasten in der Hoffnung, doch noch etwas bewegen zu können. Die Sanduhr als anachronistisches Symbol der Zeitmessung soll dann den Geduldsfaden vor dem zerreißen bewahren. In der Sanduhr werden alle Sandkörner von ihrer Schwerkraft getrieben nach dem Gleichheitsprinzip befördert, und dann durch die Verengung des Glases zum Ziel befördert. Jedes Sandkorn kommt zum Ziel, eine Sonderbehandlung einzelner Körner gibt es nicht.

Dr. Christoph Wagner
Dr. Christoph Wagner

Ebenso werden herkömmlich die Datenpakete im Internet befördert. Ohne Ansehen der Herkunft, des Inhaltes oder des Adressaten werden sie nach dem sogenannten Best-Efforts-Prinzip durch die Engstellen des Netzes „geroutet“. So haben alle Inhalte- und Diensteanbieter die gleiche Chance, ihr Ziel zu erreichen, egal ob es sich um Texte, Bewegtbilder, Tauschbörsen oder Echtzeitdienste wie Computerspiele oder IPTV-Fußballübertragungen handelt. Je mehr solcher datenintensiven Dienste angeboten werden, desto eher kann es zu Kapazitätsengpässen und Netzverstopfungen kommen. Die Nutzer werden häufiger mit der Sanduhr konfrontiert und werden sich zunehmend verärgert an ihre Zugangsanbieter wenden. Sie haben Flat-Rates mit eigentlich hohen Datenraten vereinbart und stellen fest, dass es jedenfalls zu bestimmten Zeiten nicht wesentlich schneller geht als zu alten ISDN-Zeiten. Anbieter und Nutzer wollen das nicht hinnehmen und verlangen Beschleunigung, ggf. auch Sonderbehandlung und Vorfahrtsregeln, um die Zeiten der Sanduhr-Starre zu verkürzen.

Dann stellt sich für den Zugangsanbieter die Frage, ob er Abhilfe schaffen kann. Die Netztechnik erlaubt es heute, die Datenpakete bestimmten Absendern zuzuordnen und auch die jeweiligen Dienste-Kategorien zu erkennen. Sie erlaubt auch ein Ausfiltern bestimmter Inhalte/Dienste oder eine Datenübertragung mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten („Dienste-Priorisierung“). So als ob in der Sanduhr die Körner vorsortiert werden und dann durch unterschiedlich breite Öffnungen ihren Bestimmungsort erreichen. Ein solches Datenverkehrs-Management beinhaltet Vorfahrtsregeln und Sonderspuren für bestimmte Inhalte und Dienste, bei deren Aufruf der Nutzer dann schneller bedient wird und keine Sanduhr-Wartezeiten hinnehmen muss. Alle übrigen Dienste verharren im Datenstau oder fahren permanent mit angezogener Handbremse. Continue reading Neue Vorfahrtsregeln im Internet?, promedia-Artikel von Rechtsanwalt Dr. Christoph Wagner

Im digitalen Zeitalter wird die Zweitverwertung immer wichtiger. Dr. Christoph Palmer, Geschäftsführer Allianz Deutscher Produzenten im Gespräch mit promedia

Mit Vereinbarungen über fortgesetzte und erweiterte Erlösbeteiligungen, verbesserten Zah­lungsbe­dingungen und Erleichterungen bei der Bürgschaftsstellung für die Pro­du­zen­ten sowie der Anerkennung neuer Berufsbilder haben sich das ZDF und die Allianz Deutscher Produzenten auf „Eckpunkte der vertraglichen Zusammenarbeit bei Auftragsproduktionen“ verständigt.  Zu den Eckpunkten der Einigung gehören Fortsetzung und Ausbau der Erlösbeteiligung der Produzenten bei vom Sender voll finanzierten Auf­trags­produktionen. Diese Beteiligung an kommerziellen Verwertungen prak­ti­ziert das ZDF bereits seit den 70er Jahren. Für die Rechteverwertung hat sich das ZDF grundsätzlich bereit erklärt, im Einzelfall Sonder­regelungen zuzustimmen. Beide Seiten erklärten ihre Absicht zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit bei der kommerziellen Video-on-Demand-Verwertung. Diesbezüglich sollen die Rahmenbedingungen für den Aufbau und Betrieb einer ge­mein­samen Plattform für die kommerzielle Abruf-Verwertung (Video on Demand) von Auftragsproduktionen sehr schnell geprüft werden. „Nach meinem Kenntnisstand hat ZDF Enterprises bereits einen Antrag beim ZDF-Verwaltungsrat für die Gestattung eines entsprechenden Geschäftsmodells durch das Gremium gebracht. Die Grundentscheidung beim ZDF scheint also gefallen zu sein“, so der Geschäftsführer der Produzentenallianz Christoph Palmer in einem promedia-Gespräch.

Dr. Christoph Palmer
Dr. Christoph Palmer

promedia: Herr Palmer, Sie haben eine Vereinbarung, mit der ARD vor einem Jahr und jetzt mit dem ZDF, zu verbesserten Terms of Trade erreicht. Die Vereinbarungen mit den privaten Sendern stehen noch aus. Ist das Glas halb voll oder halb leer?
Christoph Palmer: Die Allianz existiert erst zweieinhalb Jahre. In dieser kurzen Zeit hat sie versucht, die ganze Branche abzubilden. Das Vorhaben ist insoweit gelungen, als jetzt mittlerweile 200 Unternehmen aller Genres ihr beigetreten sind. Erst diese hohe Repräsentanz in der Branche gibt uns den Rückhalt, die Interessen der Produktionswirtschaft gegenüber Sendern, Förderern, Politik, aber auch bei Tarifverhandlungen, gegenüber Mitarbeitern und nicht zuletzt der Öffentlichkeit zu vertreten. In kurzer Zeit ist es gelungen, nach der ARD nun auch mit dem ZDF ein Grundlagenpapier zu verabreden, das in dieser umfassenden Form in der Geschichte der Auftragsproduktion noch nicht da war. Deshalb kann man mit Fug und Recht sagen, dass das Glas nicht nur halb voll ist, sondern bereits mindestens zu zwei Dritteln gefüllt ist.

promedia: Was halten Sie für das wichtigste Ergebnis dieser Vereinbarung mit dem ZDF?
Christoph Palmer:
Ich will nicht priorisieren, was das Wichtigste ist, weil nach Größe der Firma oder nach Genre unterschiedliche Continue reading Im digitalen Zeitalter wird die Zweitverwertung immer wichtiger. Dr. Christoph Palmer, Geschäftsführer Allianz Deutscher Produzenten im Gespräch mit promedia

Entertain ist ein hybrides Angebot. promedia-Interview mit Dr. Christian P. Illek, Geschäftsführer Marketing Telekom Deutschland

Interview mit Christian P. Illek, Geschäftsführer Marketing Telekom Deutschland, promedia 10/2010

Auch die Deutsche Telekom setzt auf 3D. Jetzt können alle Entertain-Kunden der Deutschen Telekom über die Onlinevideothek Videoload zahlreiche Inhalte in 3D abrufen. Über das TV-Menü haben Kunden jederzeit Zugriff auf die 3D-Kinohighlights der großen Hollywood-Studios Warner Bros. und Sony Pictures Television. Die 3D-Inhalte sind für alle Entertain-Kunden verfügbar und können nach jedem Abruf 24 Stunden lang uneingeschränkt angesehen werden. Einzige Voraussetzung zum Abruf von 3D-Inhalten via Entertain ist ein 3D-fähiges TV-Gerät und die dazugehörige Brille.

Dr. Christian P. Illek
Dr. Christian P. Illek


promedia:
Herr Illek, 3D ist ein Hype, der sich im Kino anscheinend abschwächt. Warum sehen Sie gegenwärtig einen Bedarf für 3D-Inhalte im Fernsehen?
Christian Illek: Wir sehen 3D als nächste Entwicklungsstufe des TV-Zuschauererlebnis. Die Zukunft des Fernsehens ist dreidimensional und 3D ist ein neuer Faktor für die Attraktivität von TV-Unterhaltung und zukünftiger Kaufentscheidungen. Zahlreiche Studien zeigen 3D auf dem Vormarsch und die Deutsche Telekom hat schon heute die entsprechende Netzstruktur und mit Entertain eine 3D-fähige Plattform.
Dennoch steht 3D noch am Anfang und unser Fokus für Entertain liegt weiterhin auf HD: Wir bieten mittlerweile acht Sender in High Definition und mit 1.500 Titeln in der Onlinevideothek die größte HD-Auswahl Deutschlands.

promedia: Es existieren bisher kaum 3D-Inhalte und Spielfilme dürfen im TV erst nach einem Jahr gezeigt werden. Ist der 3D-Start mehr ein PR-Gag, um für Aufmerksamkeit für Entertain zu sorgen?
Christian Illek: Wir wollen unseren Kunden mit Entertain das bessere Fernsehen anbieten. Diesen Anspruch setzen wir konsequent um und zeigen als 1. deutscher TV-Anbieter 3D-Inhalte. Es ist richtig, dass die Zahl von 3D-Titeln noch überschaubar ist, aber die Inhalt-Anbieter haben das Potenzial von 3D längst erkannt und produzieren entsprechend. Schon heute können wir unseren Kunden 3D-Blockbuster wie “Kampf der Titanen” und “Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ anbieten. In Kürze folgen „Cats and Dogs 2“, Continue reading Entertain ist ein hybrides Angebot. promedia-Interview mit Dr. Christian P. Illek, Geschäftsführer Marketing Telekom Deutschland

Man kann das Internet nicht ständig durchkontrollieren. promedia-Interview mit Prof. Dr. Cristof Weinhardt, Prodekan für Forschung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften am KIT

Interview mit Prof. Dr. Cristof Weinhardt, Prodekan für Forschung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), promedia 10/2010

In einem promedia-Gespräch trat Prof. Dr. Weinhardt, einer der renommiertesten deutschen Informationswirtschaftler und wissenschaftlicher Experte in der Enquete-Kommission für bindende Grundregeln im Internet ein, wie Transparenz, deren Durchsetzung punktuell geprüft werden müsse. „Meines Erachtens muss es Grundtarife geben, mit denen man auf alles, was frei erhältlich ist, zugreifen kann. Um gewisse Dienste oder Inhalte schneller zu bekommen, kann man zusätzlich zahlen. Es kann nicht sein, dass all diejenigen, die einen geringen Grundbedarf haben, diejenigen vollständig mitfinanzieren, die täglich 3D-Onlinespiele spielen oder Videos streamen. Da stellt sich die Frage, ob das fair ist“, so Weinhardt. Weinhardt äußerte seinen Zweifel, ob eine spezielle Institution zur Einhaltung der Netzneutralität notwendig sei. Es existiere eine sehr intelligente Internetcommunity, die bestimmte Dinge nie akzeptiere, sofort auf entsprechende Verstöße hinweise und so auf Provider aufmerksam mache, die die Nutzung unfair oder intransparent beschränken wollten.

Prof. Dr. Christof Weinert
Prof. Dr. Christof Weinhardt

promedia: Herr Prof. Weinhardt, was ist Netzneutralität?
Christof Weinhardt: Unter Netzneutralität versteht man zunächst die faire Behandlung aller Teilnehmer im Netz, so dass kein einzelner Beteiligter in der Netzwelt einseitig Einfluss ausübt und dabei andere von Diensten, Inhalten oder sonstigen Zugängen ausschließt oder diskriminiert. Netzneutralität ist ein sehr komplexer Begriff und auf keinen Fall nur eine binäre Angelegenheit – es handelt sich um etwas Graduelles – das ist zumindest meine Meinung. Man muss dabei drei Ebenen unterscheiden: Es gibt die rein technische Ebene (Traffic Engineering), eine weitere Ebene, die sich auf die Qualität der gelieferten Services bezieht – dahinter steckt möglicherweise eine Priorisierung und Preisdiskriminierung von Services und/oder Inhalten – und die dritte Ebene des Blockierens bzw. Ausschlusses bestimmter Services oder Inhalte

promedia: Ist diese Neutralität Ihrer Meinung nach heute im Netz noch gewährleistet?
Christof Weinhardt: Ja, im Festnetz sehe ich das schon, obwohl den Providern zum Teil heute vorgeworfen wird, den Verkehr im Netz auf unfaire Weise zu optimieren. So ist es ja zum Beispiel nicht festgelegt, welchen Weg z.B. E-Mails im Netz nehmen. Die einzelnen Datenpakete suchen sich irgendwie den Weg durch das Netz, vorbei an vielen Knotenpunkten. Und dieser Datenstrom wird heute schon an verschiedenen Knoten ggf. in unterschiedlicher Weise optimiert. Wenn es an einer Stelle zu Verstopfungen kommt, dann nehmen die Datenpakete Umwege. Manche Leute behaupten, dass bereits das nicht mehr netzneutral sei. Aber eine solche Regelung des Datenverkehrs ist einfach Continue reading Man kann das Internet nicht ständig durchkontrollieren. promedia-Interview mit Prof. Dr. Cristof Weinhardt, Prodekan für Forschung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften am KIT

promedia-Artikel: “Dreidimensionale Aussichten”, Dr. Dietrich Westerkamp, Direktors Standards Coordination, Thomson

Interview mit Dr. Dietrich Westerkamp, Direktors Standards Coordination, Thomson, promedia 9/2010

Das dreidimensionale Fernsehen (3DTV) ist das heißeste Branchenthema in 2010: Sämtliche großen Hersteller bringen 3D-Fernseher in den Markt, mit 3D-tauglichen Blu-ray-Playern können die Zuschauer schon Dreidimensionales in den eigenen vier Wänden genießen. Dr. Dietrich Westerkamp, Director Standards Coordination bei Technicolor und Vorstandsmitglied der Deutschen TV-Plattform, gibt Auskunft über die Lage.

Dr. Dietrich Westerkamp, Direktors Standards Coordination, Thomson
Dr. Dietrich Westerkamp

promedia: Herr Westerkamp, Sie leiten die neue AG 3D-HD-TV der Deutschen TV-Plattform. Warum diese Kombination von dreidimensionalem und hochauflösendem Fernsehen?
Dietrich Westerkamp: Ganz einfach: Weil es ohne HDTV kein 3DTV gibt! Exakter wäre es von stereoskopischem 3D-Fernsehen zu sprechen: mit speziellen Displays und dazu passenden Brillen wird dem Zuschauer ein dreidimensionaler Eindruck vermittelt. Dies geschieht dadurch, dass jedem Auge ein anderes Bild angeboten wird, die im Gehirn wieder zusammengeführt einen dreidimensionalen Seh-Eindruck vermitteln. Dieses Verfahren existiert schon seit vielen Jahrzehnten, hat aus technologischen Gründen nur nie den Durchbruch geschafft.
Angestoßen durch die großen Hollywood-Studios sind nun 3D-Filme in die Kinos gekommen, und die Zuschauer sind bereit mehr Geld für ein Ticket zu bezahlen. Was im Kino begonnen hat, wird sich über die Blu-ray Disk und 3D-Spiele in den Haushalten fortsetzen und erste Rundfunkanbieter (im Pay-TVBereich) in Großbritannien, Spanien und Frankreich starten 3D-Fernsehprogramme. Auch die 25 Fußballspiele von der WM in Südafrika haben dazu beigetragen, 3DTV weiter bekannt zu machen.Zugleich stellen wir fest, dass 3DTV-Sender für Deutschland vorerst noch nicht geplant sind – trotz 3DTV-Testübertragungen (bei Sky Deutschland und T-Entertain) und erster einzelner 3D-Angebote (z.B. die French Open bei Anixe HD). Überhaupt stecken die Programmveranstalter bei uns noch mitten in der Umsetzung des hochauflösenden Fernsehens (HDTV). In dieser Um- und Aufbruchsphase war es logische Konsequenz, dass wir die neue AG 3D-HD-TV der Deutschen TV-Plattform gegründet haben. Der Name ist dabei auch Symbol: 3DTV rückt in den Fokus, aber noch offene Fragen zum Thema HDTV werden hier auch bearbeitet. Continue reading promedia-Artikel: “Dreidimensionale Aussichten”, Dr. Dietrich Westerkamp, Direktors Standards Coordination, Thomson

„Wir brauchen eine Entwicklungsstrategie für den Glasfaserausbau“, Prof. Dr. Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht in Münster

Interview mit Prof. Dr. Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht, Münster, promedia 7/2010

Der Finanzminister hat durch die Versteigerung der neuen Mobilfunkfrequenzen 4,385 Milliarden Euro eingenommen. Die besonders begehrten Frequenzen der sogenannten Digitalen Dividende zwischen 790 und 862 Megahertz gingen an die Deutsche Telekom, Vodafone und O2, während E-Plus leer ausging.Der Milliardenpoker um die neuen Mobilfunkwellen hatte Mitte April begonnen. Im Angebot waren Frequenzen für die Mobilfunktechnik der vierten Generation (4G), die deutlich schnelleres Internet als bisherige Festnetz- und Mobilfunkanschlüsse bieten soll. Die Frequenzen der Digitalen Dividende waren bislang durch analoge Sender belegt, die aufgrund der Digitalisierung abgeschaltet wurden. Sie waren begehrt, da Mobilfunkanbieter ihre Netze für mobile Datendienste ausbauen müssen. Insgesamt wurde ein Paket von 360 Megahertz versteigert – mehr als doppelt so viel wie bei der UMTS-Auktion vor zehn Jahren. Die Bundesregierung hatte den Verkauf jedoch an die Bedingung geknüpft, zuerst die Regionen in Deutschland zu versorgen, die bislang keinen Zugang zum Internet haben.

Bernd Holznagel
Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht, Münster

promedia: Herr Holznagel, die Digitale Dividende ist versteigert. Sie brachte 4,4 Milliarden Euro ein. Ist dieses Ergebnis viel oder wenig?
Bernd Holznagel: Die Analysten hatten einen Betrag zwischen vier und acht Milliarden Euro erwartet. Was realistisch ist, bestimmt der Markt. Bei UMTS waren es 50 Milliarden Euro, jetzt sind es vier, obwohl das Frequenzspektrum größer ist.

promedia: Bedeutet das, dass Frequenzen nicht mehr so viel Wert sind wie vor zehn Jahren?
Bernd Holznagel: Ja, das bedeutet es. Der Markt bewertet heute Frequenzen ganz anders. Offenbar waren die Erwartungen, die damals an die UMTS-Technologie gestellt wurden, sehr viel höher als die, die an die neue Technologie gestellt werden. Die Umstände sind anders: Damals waren wir in der Mitte eines Internet- und Telekommunikationshypes. Es ist nicht nur beim Mobilfunk so, dass sich gewisse ökonomische Erwartungen nicht erfüllt haben. Andererseits existieren heute mit Google u. a. extrem erfolgreiche Internetunternehmen. Es lässt sich immer schwer sagen, wer als Erster durchkommt.

promedia: Werden mit den versteigerten Frequenzen alle weißen Flecken in den ländlichen Gebieten versorgt werden können?
Bernd Holznagel: Nein, denn der Mobilfunk ist ein Shared Medium. Je mehr Leute sich in der Funkzelle befinden, desto weniger Bandbreite kommt bei jedem Einzelnen an. Das sind maximal zwei oder drei Megabit/s und damit deutlich weniger als die LTE-Technologie in den Labors verspricht, wo es gelungen ist, über 50 Megabit/s zu übertragen. In der Praxis ist der Teil der Digitalen Continue reading „Wir brauchen eine Entwicklungsstrategie für den Glasfaserausbau“, Prof. Dr. Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht in Münster

„Das neue Gebührenmodell bildet die Realität ab“, Dr. Johannes Beermann, Chef der Sächsischen Staatskanzlei

promedia-Fragen an die Chefs der Staatskanzleien Albrecht Gerber, Stefan Grüttner, Dr. Johannes Beermann, Dr. Arne Wulff, promedia 7/2010

Die Ministerpräsidenten haben sich Mitte Juni auf ein neues Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geeinigt, nach dem der neue Beitrag pro Haushalt in der Wohnung erhoben werden und alle Nutzungsmöglichkeiten der dort leben Personen (Fernsehen, Hörfunk, Telemedien, PC, Autoradio) abdecken. Gleiches gelte auch im nichtprivaten Bereich. Dort soll der Beitrag pro Betriebsstätte, gestaffelt nach der Zahl der Mitarbeiter erhoben werden. Für Kleinbetriebe mit bis zu vier Mitarbeitern gelte ein ermäßigter Beitragssatz von einem Drittel des regulären Beitragssatzes.
Die Höhe des Beitrags soll bedingt durch den Modellwechsel nicht über den bisherigen Betrag von 17,98 Euro steigen. Die bisherige Differenzierung zwischen Grund- und Fernsehgebühr (Unterscheidung TV, Radio, Handy und PC) fällt zukünftig weg.
Die Regierungschefin und die Regierungschefs beauftragen mit ihrer Entscheidung auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin die Rundfunkkommission der Länder mit der Ausarbeitung eines Staatsvertragstextes, der den Modellwechsel zur nächsten Gebührenperiode im Jahr 2013 festlegen soll. Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird auch eine öffentliche Anhörung stattfinden.
Die Regierungschefin und die Regierungschefs der Länder sehen ihre Einschätzung eines grundsätzlichen Reformbedarfs bei der Rundfunkgebühr auch mit dem Gutachten des Heidelberger Steuerrechtlers und ehemaligen Bundesverfassungsrichters Prof. Paul Kirchhof bestätigt. Dieser hatte vor wenigen Wochen in seinem Gutachten die Reformüberlegungen der Länder gestützt.
Zum 1. Januar 2013 werden Werbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gleichbehandelt, das heißt kein Sponsoring an Sonn- und Feiertagen und nach 20.00 Uhr an Werktagen mit Ausnahme von großen Sportereignissen.     Die finanziellen Auswirkungen des Modellwechsels bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden mit dem 19. KEF-Bericht Ende 2013 festgestellt.
Die KEF wird von den Ministerpräsidenten gebeten, in dem 19. KEF-Bericht ebenfalls ihre Berechnungen zu den finanziellen Auswirkungen einer Reduzierung der Werbung und des Sponsorings, die sie bereits mit dem 15. Bericht vorgelegt hat, zu aktualisieren.
Auf der Basis des 19. KEF-Berichts und der aktualisierten Zahlen soll auch 2013 die Frage der Werbung und des Sponsorings im öffentlich-rechtlichen Rundfunk entschieden werden. Dabei soll auch die Frage einer stufenweise weiteren Reduzierung behandelt werden.

Promedia hat zu dem neuen Vorschlag der Ministerpräsidenten an vier Chefs der Staatskanzleien drei Fragen gestellt:

Albrecht Gerber, Chef der Staatskanzlei Brandenburg
Stefan Grüttner, Chef der Hessischen Staatskanzlei
Dr. Johannes Beermann, Chef der Sächsischen Staatskanzlei
Dr. Arne Wulff, Chef der Staatskanzlei von Schleswig-Holstein Continue reading „Das neue Gebührenmodell bildet die Realität ab“, Dr. Johannes Beermann, Chef der Sächsischen Staatskanzlei

„Die fetten Jahre liegen mit Sicherheit hinter uns“, Prof. Dr. Udo Reiter, Intendant des MDR

Interview mit Prof. Dr. Udo Reiter, Intendant des MDR

Der Mitteldeutsche Rundfunk muss wegen sinkender Einnahmen durch Rundfunkgebühren in den kommenden Jahren drastisch sparen. Informationen der Dreiländeranstalt zufolge kommt auf den MDR bis 2016 eine Finanzierungslücke von rund 115 Millionen Euro zu. Die mittelfristige Finanzplanung bis 2016 basiert auf der aktuellen Gebührenertragsplanung der GEZ, die rückläufige Erträge vorhersieht. “Einen Kahlschlag wird es nicht geben”, betonte MDR-Intendant Udo Reiter. Ein solcher Betrag könne allerdings nicht beiläufig erwirtschaftet werden, zumal der MDR bereits in den vergangenen Jahren etwa 100 Millionen Euro bei Strukturen und Prozessen eingespart habe. Es werde sorgfältig geprüft, wo noch Einsparungen vorgenommen werden können, ohne dass die Qualität der MDR-Programme darunter leidet. Im Wirtschaftsjahr 2010 geht der MDR nach eigenen Angaben von geplanten Gesamterträgen in Höhe von rund 647,8 Millionen Euro aus. Die besten Jahre würden damit aber dennoch nicht hinter dem MDR liegen, der vor fast 20 Jahren gegründet worden ist, aber „die fetten mit Sicherheit“, so Udo Reiter in einem promedia-Gespräch.

Udo Reiter
Prof. Dr. Udo Reiter, Intendant des MDR

promedia: Herr Reiter, der MDR existiert in diesem Jahr in seinem 20sten Jahr. Sie müssen künftig sehr sparen, bis 2016 115 Mio. Euro. Liegen damit die besten Jahre bereits hinter dem MDR?
Udo Reiter: Die besten hoffentlich nicht, aber die fetten mit Sicherheit.

promedia: Was halten Sie für die wichtigste Leistung des Senders in den vergangenen zwei Jahrzehnten?
Udo Reiter: Dass der MDR zu einem neuen Wir-Gefühl in Mitteldeutschland beitragen konnte, also Identität gestiftet und den Menschen Heimat vermittelt hat.

promedia: Wie muss sich der Sender verändern, um auch sein 40. Lebensjahr zu erreichen?
Udo Reiter: Wir müssen, wie alle anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch, in der digitalen Welt Fuß fassen, ohne die Erfolge der klassischen linearen Programme zu gefährden. Wir müssen die Kosten senken. Und wir müssen der Politik ein Gefühl dafür geben, dass diese Gesellschaft ohne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ärmer wäre. Continue reading „Die fetten Jahre liegen mit Sicherheit hinter uns“, Prof. Dr. Udo Reiter, Intendant des MDR