„Wir wollen eine stärkere Interaktion erreichen“, Dr. Ulrich Flatten, Geschäftsführer QVC

Interview mit Dr. Ulrich Flatten, Geschäftsführer des Teleshopping-Senders QVC, promedia 4/2010

Der Teleshopping-Markführer QVC hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2009 erneut Rekord-Umsätze erzielt. Mit einem Volumen von 674 Mio. Euro (Vj. 654 Mio. Euro) und einer Umsatzsteigerung von rund 20 Millionen Euro oder drei Prozent liegt der Marktanteil des Teleshopping-Unternehmens bei mehr als 50 Prozent des gesamten Branchenumsatzes. Der Gewinn stieg um neun Prozent auf 116 Mio. Euro (2008= 106 Mio.Euro). QVC beschäftigt in eigenen Call Centern sowie in Logistik und Verwaltung insgesamt 3.440 Mitarbeitern. Das Unternehmen hat rund 5,8 Millionen Kunden. Für 2010 sind ein deutliches Wachstum der Beauty- und  eCommerce-Erlöse sowie derStart eines zweiten QVC-Shoppingkanals geplant.

Dr. Ulrich Flatten
Dr. Ulrich Flatten, Geschäftsführer von QVC

promedia: Herr Flatten, Sie haben im vergangenen Jahr einen neuen Umsatzrekord erzielt. Worauf führen Sie das vor allem zurück?
Ulrich Flatten: Wir hatten eine Umsatzsteigerung um 20 Mio. Euro auf 674 Millionen Euro, was vor allem auf die erfolgreiche Optimierung unserer Produktprogramme, insbesondere den Ausbau des Beauty-Sektors, und auf die sehr gute Entwicklung im E-Commerce zurückzuführen ist. Im Bereich Beauty haben wir im vergangenen Jahr 15 neue Beauty-Marken gelauncht, die Sendezeiten erhöht und den Umsatz verdoppelt. Insgesamt führte das im Bereich Beauty & Lifestyle zu einer Umsatzsteigerung um fast die Hälfte Prozent auf mehr als 169 Millionen Euro. Unsere Online-Umsätze sind um 23 Prozent auf 81,7 Millionen Euro gestiegen. Die Zahl der Sessions ist im Vergleich zu 2008 um 58 Prozent auf 61,3 Millionen gestiegen.

promedia: Warum ist der Kunde beim Teleshopping weniger zurückhaltend als beim klassischen Einkauf?
Ulrich Flatten: Teleshopping ist in erster Linie Impulskauf und funktioniert anders als der klassische Einkauf: Der Kunde will sich inspirieren lassen – er ist auf der Suche nach Ideen und Anregungen oder Problemlösungen, die er noch nicht kennt. Der Vorteil für den Kunden ist, dass er sich die Produkte und Themenwelten bequem von zu Hause, vor dem Fernseher oder Computer in vielen Facetten vorführen lassen kann. Hat er Fragen zum Produkt, können wir seinen Anruf direkt und live in die Sendung stellen oder die Frage wird von eigenen Mitarbeitern unseres Kundencenters beantwortet. Der enge Kontakt zu unseren Kunden und der hohe Servicestandard sind ein ganz wesentlicher Faktor unseres Erfolges.

promedia: Was waren Ihre „Renner“ 2009?
Ulrich Flatten: Wir hatten einige Erfolge: Bei den Events z. B. erzielten wir mit unserer „Stilvoll Wohnen“-Themenshow einen echten Umsatzrekord: Der Tagesumsatz lag bei über zehn Millionen Euro. Ein absolutes Highlight war auch die Kunden-Beauty-Messe „Look“ in Neuss mit sehr hoher Besucherakzeptanz. Darüber hinaus präsentiert seit dem vergangenen Jahr Tine Wittler exklusiv auf QVC ihre Einrichtungskollektion. In der Premierensendung im November waren nach nur ½ Stunde alle Artikel ausverkauft. Im Bereich Mode waren wir sehr erfolgreich mit unseren neuen Mode- und Trendevents, aber auch unser Linie „Via Milano“ oder die „Raphaela-by-Brax-Jeans“ entwickelte sich sehr erfolgreich. Im Schmuckbereich haben wir mit Diamantschmuck sehr gute Erfolge erzielen. Als Premieren hatten wir 2009 mit Marianne Hartl (Marianne und Michael) eine weitere prominente Schmuckkollektion. Außerdem sind wir mit der Uhrenkollektion ELLE TIME der Modezeitschrift ELLE und mit DR. HOUSE Uhren gestartet, die es exklusiv nur bei QVC gibt.

promedia: Sie planen einen zweiten Shopping-Kanal. Was wird ihn vom bestehenden unterscheiden?
Ulrich Flatten: Mit unserem zweiten Shoppingkanal wollen wir mit gezielten Themenshows ein hochwertiges Zusatzangebot für unsere Kunden schaffen. Die Angebotsinhalte beider Sender werden systematisch aufeinander abgestimmt sein und so unseren Kunden eine höhere Angebotsvielfalt bieten. Das heißt, wenn wir auf dem ersten Sender z. B. Mode-Produkte zeigen, werden wir auf dem zweiten Sender alternative Einkaufswelten bieten und damit Kunden ansprechen, die sich im Moment nicht für Mode interessieren.

promedia: Wen wollen Sie damit vor allem erreichen?                                                                                                                    Ulrich Flatten: Wir wollen damit vor allem unsere Stammkunden ansprechen und ihnen eine weitere Angebotsalternative bieten.

promedia: Im Internet entwickeln sich Shopping-Chanels rasant. Was spricht für ein weiteres Wachstum auch bei TV-Shopping-Kanälen?
Ulrich Flatten: Das Internet ist das ideale Ergänzungsmedium zum Fernsehen. Der Kern vom Teleshopping ist ja, dass die Produkte und ihre Funktionsweisen präsentiert werden und serviceorientierte Dialogmöglichkeiten bestehen, durch die der Kunde z. B. Antworten auf seine Fragen zum Produkt erhält. Beides bietet das Internet und hat damit alle Voraussetzungen als weiterer Empfangs- und Vertriebsweg für Teleshopping. Im Vergleich zu herkömmlichen Shopping-Chanels bietet QVC hier viel mehr: Ein über das Internet empfangbares 24-Stunden-Live-Programm sowie die Videos und Fernsehpräsentationen zu allen Produkten: Welcher E-Shop verfügt schon über eigene Studios und eine professionelle Infrastruktur zur Präsentation seiner Produkte? – Darüber hinaus bietet das Internet weitere Interaktions- und Community-Möglichkeiten, die für unsere Zielgruppe sehr relevant sind. Deshalb haben wir die Funktionalitäten unseres Online-Shops erweitert: Die Kunden können andere Kunden online nach ihren Erfahrungen befragen, Erfahrungsberichte austauschen oder Fotos und Videos hochladen. Bis heute wurden 11.000 Produkte unserer Website von unseren Kunden bewertet und über 63.000 Kommentierungen abgegeben. Das sind sehr hohe Werte, die zeigen, wie „Community-affin“ unsere Kunden sind.

promedia: Welche Bedeutung hat das Internet inzwischen für Ihre Aktivitäten?
Ulrich Flatten: 2009 hat sich der Umsatz-Anteil im E-Commerce von zehn auf 12 Prozent erhöht. Unser strategisches Ziel ist es, QVC als einer der führenden Multimedia-Versandhändler zu etablieren, der mittelfristig auf allen wesentlichen Kommunikationskanälen wie Internet und TV vertreten ist. Via Fernsehen sind wir bereits über Kabel, Satellit, IPTV und DVB-T zu erreichen. Unsere Reichweite liegt bei insgesamt 38,3 Millionen Haushalten. Mittelfristig wollen wir aber bei den Online-Umsätzen einen Umsatzanteil von rund 30 Prozent am Gesamtumsatz erreichen.

promedia: Inwieweit ergänzen sich TV und Internet? Beim Internet erreichen Sie sicher auch eine andere Zielgruppe?
Ulrich Flatten: Das ist richtig: Wir gewinnen im Internet deutlich an Neukunden. Der Zuwachs liegt hier im sehr guten zweistelligen prozentualen Bereich, wobei sich die Zielgruppen im TV und Internet demografisch gar nicht so sehr unterscheiden: Der typische TV-Kunde ist zwischen 49 und 59 Jahren und weiblich. Der Online-Durchschnittskunde ist ebenfalls vornehmlich weiblich und lediglich wenige Jahre jünger.

promedia: Unterscheiden sich die Angebote?
Ulrich Flatten: Sowohl über TV als auch unseren Online-Shop ist das gesamte QVC-Programm von 12.000 Produkten erhältlich. Das heißt aber nicht, dass wir das nicht differenziert sehen: Bei unseren Kollegen in den USA beispielsweise hat sich Facebook als echte Handelsplattform etabliert. Mittlerweile gibt es bei QVC USA auch Angebote, die vorab und exklusiv Facebook-Nutzern zur Verfügung stehen.

promedia: Welche Rolle wird das Handy in den nächsten Jahren im Konzert der drei Verbreitungswege spielen?
Ulrich Flatten: Als Multimedia-Versandhändler werden wir auf allen wesentlichen Kommunikationskanälen: Fernsehen, Internet, Mobil vertreten sein und die Inhalte stark miteinander vernetzen. Wie die Zukunft hier aussehen kann, testen wir derzeit in den USA mit Anwendungen für Facebook, Youtube, Twitter, aber auch mit SMS-Ordering, Videocenter und Mobile Ordering Pages.

promedia: Werden Internet und Handy nicht in wenigen Jahren den Verkauf über das Fernsehen ersetzen?
Ulrich Flatten: Wir glauben an die Konvergenz der Medien, wobei es eher unerheblich ist, ob sich Internet und Handy dem Fernsehen nähern oder umgekehrt. Relevant ist, dass bei allen Mediengattungen das hochqualitative Bewegtbild und die interaktiven Servicemöglichkeiten eine Rolle spielen werden. In beiden Kategorien haben wir ein umfassendes Know-how und sehr hohe Standards.

promedia: Sie haben im vergangenen Jahr eigene Social-Media-Aktivitäten über Facebook und Twitter gestartet. Was machen Sie hier genau?
Ulrich Flatten: Damit sind wir absoluter Vorreiter der Branche und gehen neue Wege der Kundenbindung und Neukundengewinnung. Wichtig ist uns dabei, dass wir mit unseren Kunden in eine noch stärkere Interaktion treten als bisher: Wir zeigen Ihnen einen Blick hinter die Kulissen, informieren sie, führen Crosspromotions der TV-Shows durch und nehmen Kunden-Feedback auf. All diese Aktivitäten sind für uns aber erste Schritte in Richtung Multimedia-Versandhändler:

promedia: Sind Social-Communities  die Zukunft des Online- und Handy-Shopping?
Ulrich Flatten: Sie sind auf jeden Fall ein wichtiger Aspekt im Teleshopping: Unsere Communities sind schon weit vor dem Internet-Zeitalter entstanden, nur nannten wir es vielleicht nicht so. QVC hatte von Anfang an eine große Fangemeinde, die sich untereinander aktiv austauscht und sogar regelmäßig trifft. Das geht oft weit über den virtuellen Kontakt hinaus.

Über Dr. Ulrich Flatten

  • Geboren: 1956
  • Promovierter Wirtschaftswissenschaftler
  • 15 Jahre Handelserfahrung in Unternehmen wie Kaufhof, Vobis Microcomputer und Nedlloyd Districenters
  • Chief Operating Officer für QVC
  • Seit August 2004 CEO des deutschen Teleshopping-Senders QVC
  • Mitglied des Vorstands der QVC International Management LLC & Co. KG

Weitere Informationen: promedia

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