Filmforecasting: Weniger Risiko im Filmbusiness

Von Krise offenbar keine Spur! Im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen der Medienwirtschaft konnte die deutsche Filmwirtschaft ein höchst erfolgreiches Jahr 2009 feiern. Mehr Kinobesucher (plus 13,1 Prozent), mehr Umsatz (plus 22,8 Prozent) und mehr Erfolg für den deutschen Film bzw. internationale Koproduktionen mit deutscher Beteiligung (6 Mio. Kinobesucher mehr als 2008).[1] Auch die gerade beendete Berlinale vermeldet Zuschauerrekorde.

Dr. Florian Kerkau, GF GOLDMEDIA Custom Research GmbH

Und dennoch: Die Kinobranche kämpft wie andere mit komplizierten Rahmenbedingungen. Berücksichtigt man die langwierigen Produktionsphasen von Kinofilmen, oft vergehen Jahre vom ersten Skript bis zur Premiere, könnten die Auswirkungen von Finanz- und Wirtschaftskrise erst noch folgen.

Aus ökonomischer Sicht ist die Finanzierung eines Kinofilms ein Hoch­risiko-Projekt. Notwendige Finanzierungspartner, vor allem wenn sie aus kinofernen Branchen stammen, gilt es mit Fakten zu überzeugen – ein interessantes Drehbuch allein genügt leider nicht. Zunehmend häufiger nutzt die Filmbranche deshalb wissenschaftliche Methoden, um verlässliche Prognosen über Zuschauerzahlen schon vor Produktionsstart zu erhalten. Filmforecasting-Analysen helfen dabei, das Risiko für alle Beteiligten zu minimieren und stichhaltige Argumente für Investitionsentscheidungen zu liefern.

Das Prinzip des Filmforecasting ist relativ schnell erklärt: Mit Hilfe einer Analysesoftware aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) wird nach Abhängigkeiten und Zusammenhängen bei bereits produzierten Filmen gesucht, die den Erfolg von neuen Filmen erklärbar machen. Diese Abhängigkeiten sind keineswegs linear und genau deshalb nicht „mit bloßem Auge“ zu erkennen. Das altbekannte „Bauchgefühl“ ist daher regelmäßig überfordert. Es besteht zum Beispiel kein besonders starker Zusammenhang zwischen dem Produktionsbudget eines Films und dessen späteren Umsatz, wie schon viele Filmstudios leidvoll erfahren durften.

In den USA gehören Filmforecasting-Verfahren bereits heute zum Standard von Finanzierungsentscheidungen. So nutzen die großen US-Filmfinanzierer für ihre Entscheidungen Daten, die mit solchen Computeranalysen zu den Erfolgsaussichten der neuen Filme generiert wurden. – Risikomanagement nennt man diese aus dem Bereich der klassischen Kreditvergabe gut bekannten Methoden.

Aber auch in Europa und Deutschland finden derartige Methoden mehr und mehr Beachtung. Getrieben von der Überzeugung, dass derartige Prognosemodelle auch in der Filmwirtschaft Anwendung finden können und bald zum Standard im Produktionsprozess gehören, hat Goldmedia bereits vor Jahren ein Filmforecasting-Modell speziell für den deutschen Kinomarkt entwickelt, seit rund drei Jahren an verschiedenen Filmprojekten getestet und dabei eine erstaunliche Prognosegüte von rund 80 Prozent erzielt. Grundlage bildet eine umfangreiche Datenbank mit Informationen zu mehr als 1.000 Kinofilmen mit deutscher Beteiligung aus den letzten zehn Jahren. Für alle Filme sind stets dieselben Informationen hinterlegt, darunter Faktoren wie Zuschauer- und Umsatzzahlen, Starttermine, Genre, Budget, Filmlänge, Fördergelder, Altersfreigabe, Sprache, Verleihfirma und viele andere mehr. (insgesamt 60 Determinanten) Prognostizierbar sind die zu erwartenden Zuschauerzahlen in Form von Größenklassen sowie Optimierungspotentiale. Ebenso möglich sind Vorhersagen für den Erfolg der Filme auf weiteren Stufen der Verwertungskette wie DVD-Vertrieb, TV-Auswertung etc.

Beim Filmforecasting geht es nicht darum, die Branchenkenntnis erfahrener Filmemacher zu ersetzen oder mit der ökonomischen Schere alle Kreativität auf Mittelmaß zu trimmen – wohl aber darum, wissenschaftliche Methoden zur Risikominimierung in der Filmindustrie einzusetzen. Damit lassen sich die ökonomischen Rahmenbedingungen bereits im Vorfeld verbessern.

Autor: Dr. Florian Kerkau, Geschäftsführer Goldmedia Custom Research GmbH

Weitere Informationen: http://www.Goldmedia.com/aktuelles.html


[1] Quelle: Pressemeldung FFA vom 10.02.2010, www.ffa.de

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