Goldmedia-Preis Medienwirtschaft für Elena Pelzer, Masterarbeit zum Thema Mediennutzungspräferenzen erheben

25.01.2017. Goldmedia würdigt mit dem Preis für innovative Abschlussarbeiten im Bereich Medienwirtschaft medienwirtschaftliche Forschungsthemen und deren Publikation. Bewerben konnten sich alle Absolventinnen und Absolventen, die im Jahr 2016 oder im Vorjahr ihren Abschluss erreicht haben. Wir haben in diesem Jahr drei erste Preise verliehen und zehn weitere Arbeiten mit einer Urkunde gewürdigt. In den nächsten Wochen wollen wir in unserem Blog einige Preisträger/innen und ihre Abschlussarbeiten vorstellen.

Elena Pelzer, Preisträgeinr Goldmedia-Preis für innovative Abschlussarbeiten im Bereich Medienwirtschaft 2016
Elena Pelzer, Preisträgeinr Goldmedia-Preis für innovative Abschlussarbeiten im Bereich Medienwirtschaft 2016

Ein erster Preis für Elena Pelzer

Mediennutzungspräferenzen erheben: Ein Methodenexperiment zum Vergleich von direkten und indirekten Präferenzmessungen.

  • Fachbereich Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
  • Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (M.A.)
  • Mai 2016

Elena Pelzer leistet mit ihrer Masterarbeit zur Erhebung von Mediennutzungspräferenzen einen innovativen Beitrag zur Rezeptions- und Wirkungsforschung. Sie belegt in ihrem Methodenexperiment: Wird derselbe Sachverhalt anders abgefragt, zeigen dieselben Befragten ein anderes Antwortverhalten. Die Arbeit ist wertvoll für den wissenschaftlichen Methodendiskurs und liefert zugleich wichtige Impulse, wie indirekte Conjoint-Befragungen in der Medienwirtschaft noch kundenorientierter angewendet werden können.

Wir haben Elena Pelzer gefragt, was sie besonders an diesem Thema gereizt hat. Die sich anschließende Zusammenfassung der Arbeit enthält die wesentlichen Key Facts.

Kurzinterview mit Elena Pelzer

Warum haben Sie gerade dieses Thema gewählt? 

EP: Erteilen Befragte selbst Auskunft, lässt sich häufig folgendes beobachten: Wenig Bereitschaft, Zeit und Energie in die Antwortsuche zu investieren und ein sozial erwünschtes Antwortverhalten. Dieses sogenannte Reaktivitätsproblem ist in der wissenschaftlichen Methodenforschung bekannt. Doch um das Verhalten von Konsumenten zu prognostizieren und Wünsche offen zu legen, ist eine punktgenaue und zielführende Befragung das A und O. Mein Ziel war es, die alternative Befragungsvariante „Conjoint-Verfahren” vorzustellen, die das Potenzial hat, die Reaktivitätsprobleme zu lösen.

Was war die größte Herausforderung bei der Erstellung der Arbeit? 

EP: Viel Zeit und Denkarbeit haben mir besonders zwei Herausforderungen abverlangt: Zum einen sollte das aus der Betriebswirtschaft stammende Conjoint-Verfahren auf ein Thema der Mediennutzung transferiert werden, um zu verdeutlichen, dass sich dieses Verfahren auch für die Kommunikationswissenschaft eignet. Zum anderen erforderte die Programmierung des Fragebogens aufgrund des komplexen Methodentests viel Einarbeitung in Urnenziehung. Eine persönliche Herausforderung bestand darin, die Nerven meiner Freunde nicht kontinuierlich mit Erzählungen von meiner Forschungsarbeit zu strapazieren.

Was ist das wichtigste oder überraschendste Ergebnis? 

EP: Die zentrale Erkenntnis ist, dass unterschiedliche Befragungsvarianten unterschiedliche Ergebnisse erzeugen. Zurückführen lässt sich dies mutmaßlich auf die Reaktivät der Befragten. Diese neigen bei den Conjoint-Verfahren weniger zu sozial erwünschten Antworten und das unabhängig von sprachlichen Variationen bei den Antwortmöglichkeiten. Am meisten überrascht hat mich die Anzahl der Teilnehmer – 530 Befragte innerhalb von sieben Tagen. So einen guten Rücklauf hatte ich noch nie.

Zusammenfassung der Masterarbeit “Mediennutzungspräferenzen erheben: Ein Methodenexperiment zum Vergleich von direkten und indirekten Präferenzmessungen.” (von Elena Pelzer)

Sei es im Rahmen des Trendmonitors oder einer Verbraucherbefragung: Eine punktgenaue und zielführende Beratung für den Kunden fußt auf eine reliable und valide Researcharbeit im Vorfeld. Dabei werden in vielen Fällen (Online-) Befragungen eingesetzt, welche die Präferenzen und Meinungen für ein Produkt direkt abfragen. Ausgangspunkt der Masterarbeit ist das immer wiederkehrende Problem der Reaktivität ebendieser direkten Erhebungen, die sowohl bei medienwirtschaftlichen wie mediennutzungszentrierten Untersuchungen eine Rolle spielen. Die Arbeit untersucht in Folge dessen die Potentiale einer indirekten Conjoint-Befragung im Vergleich zur im Fach wie in der Wirtschaft etablierten direkten Befragung mit Likert-Skalierung (z. B. „1-stimme gar nicht zu“… „5-stimme voll und ganz zu“). Auch wenn die Likert-Skala in der (Online-) Befragung weite Verbreitung gefunden hat, kann ihre Verwendung aus einer Reihe von theoretischen und methodologischen Gründen kritisiert werden, die nicht zuletzt darin begründet liegen, dass es sich dabei um ein kompositionelles Verfahren zur Parametrisierung multiattributiver Modelle handelt: Obgleich der Befragte in der Realität eine Abwägung zwischen Sets an multiattributiven Faktoren vornimmt, welche schließlich zu einer Entscheidung führen, werden diese in der direkten Befragung singulär, d.h. isoliert, voneinander abgefragt. Im Bereich der TV-Nutzung wählt der Nutzer beispielsweise sein Fernsehprogramm für den Abend nicht nur nach dem gezeigten Film aus, sondern berücksichtigt ebenso die Spielfilmlänge, mögliche Werbeunterbrechungen und die Präferenzangaben der weiteren Rezipienten; im Bereich der politischen Wahl setzt der Wechselwähler nicht ausschließlich dort sein Kreuz, wo er sich mit den Parteiinhalten am besten identifizieren kann, sondern berücksichtigt ebenso die Sympathie der aufgestellten Kandidaten oder wägt die Alternativen ab. Diese relative Abwägung (Trade-Off) wird in der direkten (Online-) Befragung jedoch nicht berücksichtigt. Die Problematik dieses mangelnden Trade-Offs wird besonders deutlich bei Fällen, in denen der Befragte bei zwei oder mehr Attributen denselben Wert auf der Likert-Skala ankreuzt, oder die abgefragten Attribute mit Parametern in Relation setzt, die für den Forscher unbekannt bleiben.

Vor diesem Hintergrund wird als Alternative das Conjoint-Verfahren zur indirekten Messung von Mediennutzungspräferenzen vorgestellt. Obgleich das Conjoint-Verfahren in verschiedenen Forschungsdisziplinen eine beliebte Methode und ein gängiges Analyseinstrument darstellt, hat es in der Kommunikationswissenschaft bislang wenig Beachtung gefunden. Dabei bietet das dekompositionelle und kompensatorische Conjoint-Verfahren diverse Einsatzmöglichkeiten im Fach, um den Beitrag einzelner Merkmale zum Gesamtnutzen eines Objektes mittels eines linear-additiven Modells zu ermitteln oder anders gesagt: um zu rekonstruieren, nach welchen Kompositionsregeln der Rezipient ein Set an multiattributiven Stimuli abgewägt hat, um schließlich zu einer Entscheidung zu gelangen. Am Beispiel des Uses-and-Gratifications-Approach (UGA) verdeutlicht: Nicht die singuläre Abfrage steht im Vordergrund, welche Motive zur Nutzung des Smartphones an der Bushaltestelle beigetragen haben, sondern eine relative Abwägung, ob eher das Informationsbedürfnis oder Kommunikationsbedürfnis dominiert haben.

Um die Forschungsfrage zu prüfen, inwiefern sich die Ergebnisse der Nutzenparameter je nach eingesetztem Verfahren unterscheiden, wird im Rahmen des Uses-and-Gratifications-Approachs ein within-subject-Methodenexperiment mit 530 Teilnehmern vom 08. bis 15. Februar 2016 durchgeführt. Mit einem jeweils 4×2-Design geben die Befragten per (1) direkter likertskalierter Befragung, (2) traditioneller Conjoint-Analyse und (3) auswahlbasierter Conjoint-Analyse ihre Gratifikationen der Facebooknutzung an. Im Rahmen des Vergleichs der verschiedenen Erhebungsvarianten werden im ersten Schritt für jede Methode getrennte Modelle geschätzt (HC-SE, MONANOVA, Cox-Regression); in einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse der drei Verfahren direkt verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass Differenzen in den UGA-Schätzwerten auftreten je nach Einsatz einer (1) direkten oder (2) & (3) indirekten Messmethode. Die genauere Betrachtung der Befunde offenbart, dass bei der (1) direkten Präferenzbefragung vorrangig das Informationsbedürfnis zur Nutzung von Facebook führt. Die Analyse der (2) & (3) indirekten Präferenzbefragung zeigt, dass dieselben Befragten angeben, vorrangig Facebook für Eskapismus nutzen. Die Ergebnisse der Nutzenparameter sind demzufolge abhängig von der Wahl der Messmethode, in diesem Fall der direkten oder indirekten (Conjoint-) Präferenzbefragung.

Dieser Befund des Methodenexperiments ist gravierend, da er zeigt, dass ein signifikanter Zusammenhang zwar bedeutet, dass er auf die Grundgesamtheit übertragen werden kann, jedoch auch immer abhängig ist von der verwendeten Messmethode. Das bedeutet: Wird derselbe Sachverhalt anders abgefragt, zeigen dieselben Befragten ein anderes Antwortverhalten. Dies kann damit verbunden sein, dass die Befragten bei einer indirekten Conjoint-Befragung weniger zu sozial erwünschten Antworten neigen im Vergleich zu direkten Likert-skalierten Befragungen. Die Ergebnisse dieser Arbeit leisten nicht nur einen Beitrag zum wissenschaftlichen Methodendiskurs, sondern liefern instruktive Hinweise, wie indirekte Conjoint-Befragungen in der Medienwirtschaft angewendet werden können, um noch stärkere Insights für Kunden zu generieren.

Goldmedia-Preis für innovative Abschlussarbeiten im Bereich Medienwirtschaft – Informationen

Bewerben konnten sich alle Absolventinnen und Absolventen, die im Jahr 2016 oder im Vorjahr ihren Abschluss erreicht haben.  Die Ausschreibung war offen für deutsch- und englischsprachige Arbeiten aus unterschiedlichen Fachrichtungen (u.a. Publizistik, Kommunikationswissenschaft, Medienwirtschaft, Medienmanagement, Medienrecht, BWL, VWL, Informationswissenschaft, Medieninformatik). Einsendeschluss war der 31. August 2016. Der Preis ist mit insgesamt 1.500,00 Euro dotiert und wurde in diesem Jahr auf drei Preisträgerinnen und Preisträger zur je 500,00 Euro verteilt. Aufgrund der Vielzahl und des hohen Niveaus der eingereichten Abschlussarbeiten wurden weitere 10 Arbeiten mit einer Urkunde gewürdigt. Alle Informationen: www.goldmedia.com/preis

 

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