Trendmonitor 2017. Die Zeit der Sportkonzerne kommt .Trend-Ausblick von Marcus Hochhaus

Die Zeit der Sportkonzerne kommt – der Profifußball im Zwiespalt zwischen Profit und Sport

15.12.2016. Erstmals werden in Deutschland ab der Saison 2017/18 über 1 Mrd. Euro pro Jahr aus dem neuen TV-Vertrag an die Fußballclubs der Bundesliga und 2. Bundesliga verteilt. Die Beliebtheit des Fußballs ist bei den Sportfans nochmals gestiegen, und der Abstand zu allen anderen Sportarten wächst kontinuierlich weiter. Die Attraktivität der Bundesliga und die Zuschauerzahlen in den Stadien sind unverändert hoch. Dabei partizipieren alle Clubs, unabhängig von ihrer Größe, Struktur oder Rechtsform, von der kontinuierlich steigenden Beliebtheit des Fußballs sowie vom Wettbewerb der Medienunternehmen um Übertragungsrechte. Aber die Ticketerlöse und der Anteil an den TV-Geldern sind naturgemäß durch die Kapazität der Stadien und die vereinbarten Lizenzpreise gedeckelt und können nur langfristig durch Investitionen in „Steine oder Beine“ gesteigert werden.

Dr. Marcus Hochhaus, Geschäftsführer Goldmedia, Leiter Sport Unit
Dr. Marcus Hochhaus, Geschäftsführer Goldmedia, Leiter Sport Unit

Fußballunternehmen haben Sponsoring und Merchandising bereits stark entwickelt

Dagegen haben es die Clubs selbst in der Hand, die Einnahmen aus der eigenen Vermarktung und aus den direkten Umsätzen mit den Fans (Merchandising, ClubTV usw.) zu steigern – mit geringeren Investitionen und weniger Risiko. Clubs, die sich mehr als Unternehmen und weniger als Sportverein definieren, entwickeln schon lange die eigene Marke, steigern systematisch deren Reichweite und implementieren die entsprechenden Geschäftsmodelle. Damit haben diese Vereine in den Umsatzbereichen Sponsoring und Merchandising ihre sportlichen Wettbewerber bereits weit hinter sich gelassen und partizipieren überdurchschnittlich von den Chancen aus der Digitalisierung.

Entsprechend haben sich diese Clubs quasi zu Fußballunternehmen mit leistungsfähigen Strukturen entwickelt. Trotzdem bleibt der Sport als Geschäftszweck im Mittelpunkt, und der sportliche Erfolg bietet auch weiter das Fundament und bestimmt die strategischen Perspektiven. Aber das Selbstverständnis der Clubs, entweder als Verein primär den sportlichen Erfolg zu maximieren oder als Unternehmen den wirtschaftlichen Erfolg zu steigern, um den sportlichen Erfolg zu ermöglichen – dies bestimmt maßgeblich die Art der Führung und Organisation. Fußballunternehmen verfügen oftmals über mehr administrative Ressourcen, mehr eigenes Know-how und eine effizientere und flexiblere Organisation.

Attraktive Vorstandsgehälter für Top-Manager und konzernähnliche Strukturen

Nicht nur die Strukturen der Fußballunternehmen wurden in den letzten Jahren sukzessive angepasst: Man hat auch gezielt neue Kompetenzen von außen in die Unternehmen geholt. Diese Effekte der Professionalisierung sind auch in der Gehaltsentwicklung der Top-Manager der Bundesligateams erkennbar (Gehaltsstudie Sport Business 2017, Goldmedia). So ist die Branche auf Ebene der Vorstände und Geschäftsführer inzwischen auch für Experten und High-Potentials aus anderen Branchen attraktiv.

2017 werden wir eine Fortsetzung der unternehmerischen Entwicklung auf verschiedenen Ebenen und mit deutlich unterschiedlichen Geschwindigkeiten beobachten können. Die größeren Clubs aus München, Dortmund, Schalke oder Berlin werden weiter zügig an dem Ausbau ihrer internationalen Clubmarken arbeiten. Hier entstehen mittelfristig Strukturen wie in einem Konzern mit in Tochterfirmen ausgelagerten Geschäftsaktivitäten unter einer einheitlichen Leitung und Marke. Dabei sind Expansionen und Diversifikationen nicht nur in weitere Sportarten, sondern auch abseits der Kernkompetenz Sport denkbar. Investoren werden diese Entwicklung ermöglichen und vorantreiben, wenn sie an die Potenziale glauben und faire Rahmenbedingungen für ihre Investitionen vorfinden.

Umgekehrt heißt das aber auch, dass nicht alle Vereine und Clubs diese Entwicklung mitgehen wollen oder können und in Zukunft nur unterproportional an den enormen Umsatzpotenzialen partizipieren werden. Für sie wird es in der Folge immer schwerer, auch sportlich auf Augenhöhe mit der größer werdenden Riege der Fußballkonzerne zu bleiben. Eine Zweiteilung des Profifußballs in Fußballvereine und Sportkonzerne könnte sich langfristig herausbilden.

Dr. Marcus Hochhaus, Geschäftsführer Goldmedia und Leiter Sport Unit

Der Artikel ist Teil des Goldmedia Trendmonitors 2017. Goldmedia gibt im Trendmonitor alljährlich in Form von Analysten-Kommentaren einen Ausblick auf relevante Trends in den Bereichen Medien, Internet und Telekommunikation des kommenden Jahres in Deutschland. www.Goldmedia.com

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