Wird Showrooming zur Zwickmühle des Einzelhandels? Goldmedia Gastbeitrag kress.de

Prof. Dr. Klaus Goldhammer
Prof. Dr. Klaus Goldhammer

Als Zwickmühle bezeichnet man gern eine Situation mit zwei Entscheidungsop­tio­nen, die beide zu einem unerwünschten Ergebnis führen. So ergeht es derzeit dem Einzelhandel mit dem Thema WLAN. Denn WLAN wird nicht nur für Hotels und Cafés zum kauf- bzw. aufenthaltsentscheidenden Faktor, sondern auch für den Handel. Mehrfach haben Studien gezeigt, dass die Kunden es sehr schätzen, wenn auch im Laden ein WLAN-Netz zu ihrer Verfügung ist, mit dem sie beim Einkauf parallel im Internet stöbern oder Nachrichten verschicken können. Doch so schön die mobile vernetze Welt für den Kunden, so zwiespältig ist sie für den Handel.

Konkret geht es um “Showrooming” – so nennen es die Amerikaner, wenn Kunden im Geschäft Produkte testen und sich ausführlich beraten lassen, die Preise aber dann vor Ort per Smartphone im Internet vergleichen und gleich günstig in einem fremden Onlineshop bestellen.

Studien zufolge informieren sich bereits rund 50 Prozent der potenziellen Kunden während des Einkaufs mit einem Smartphone über ein Produkt, 57 Prozent vergleichen sofort die Preise und 96 Prozent der Smartphone-Besitzer können sich vorstellen, in Zukunft zu „showroomen“.

Das einstige Informationsungleichgewicht, das die Margen der Retailer sicherte, wird durch das Internet zerstört. Besonders Non-Food-Segmente wie Elektronik, Bekleidung oder Medien haben darunter zu leiden. So bestellen etwa 60 Prozent der Kunden Elektronik im Internet, nachdem sie die Geräte in lokalen Geschäften getestet haben. Tendenz steigend: 31 Mio. deutsche Nutzer besitzen bereits internetfähige Smartphones, rund 28 Mio. mobile Geräte sollen allein 2013 hinzukommen.

In den USA benutzen bereits etwa 58 Mio. Shopper Preisvergleichsapps, die 2012 dem Einzelhandel Umsatzeinbußen von (angeblich) mehr als 159 Mrd. Dollar beschert haben sollen. Als Reaktion darauf überlegen Händler in den USA, Kostenpauschalen für die In-Store Beratung oder im Extremfall sogar für den Eintritt in den Laden zu verlangen!

Das ist aber nur die eine Seite. Einige Händler verstehen das Internet auch als Chance. Besonders Retailer mit hohen Lagerkosten, etwa Möbel- oder Elektronikhändler, bekommen durch das Showrooming-Phänomen die Möglichkeit, ihr Sortiment zu reduzieren und Lagerkosten zu minimieren. Während sie Ladenflächen und Präsenz-Sortiment verkleinern, bieten sie ihr Gesamt-Sortiment günstig auf Online-Plattformen an. Branchenexperten sehen in einer solchen Multichannel-Kompetenz ein zentrales Element für die Zukunftsfähigkeit des Einzelhandels.

Verhindern lassen wird sich der Shoowrooming-Effekt in Deutschland nicht. Zu gern nutzen wir Preisvergleichsmöglichkeiten und Schnäppchen, Smartphones und das mobile Internet. Doch deutsche Kunden nehmen nach einem Preisvergleich ihre Einkäufe am liebsten gleich mit und wollen nicht erst auf die Lieferung warten, zeigt eine andere Studie. – Das gibt zumindest Anlass zur Hoffnung, dass am Ende die Innenstädte nicht veröden werden.

Fazit: Anstatt Besucher durch Eintrittsgelder oder blockierten WLAN-Empfang zu ärgern, wird sich der Handel auf digitale Multichannel-Strategien einlassen müssen. Die Zwickmühle kann aufgelöst werden. Showrooming dürfte ein Teil des modernen Einkaufserlebnisses werden. Dafür können die Sortimente kleiner, das Onlineangebot größer werden. Der Kunde bleibt König.

Autor: Prof. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer Goldmedia GmbH

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