„Frankfurter Rundschau“ startet Pilotprojekt mit Sony und libri für eReader

Interview mit Konstantin Neven DuMont, Vorstand der Mediengruppe M. DuMont Schauberg, promedia 12/2009

Ende März dieses Jahres hat die Mediengruppe DuMont Schauberg die Berliner Zeitungsgruppe übernommen. Damit verfügt das Kölner Medienhaus über acht Tageszeitungen an fünf Standorten und gehört damit zu den größten regionalen Medienunternehmen Deutschlands. Inzwischen bemüht sich die Kölner Verlagsleitung sinnvolle Kooperationen zwischen den Titeln zu knüpfen, um zum einen Kosten zu sparen und zum anderen, um die Qualität der einzelnen Zeitungen zu erhöhen. Wie Konstantin Neven DuMont, Vorstand der Mediengruppe M. DuMont Schauberg in einem promedia-Gespräch betonte, gibt es 2009 im Anzeigengeschäft ein Minus von 20 Prozent. Dessen ungeachtet werde das Verlagshaus beim Berliner Verlag in neue Print – und Online-Redaktionssysteme investieren und das Engagement in neue Inhalte und Geschäftsmodelle für die mobile Nutzung verstärken. Dennoch muss sich auch DuMont Schauberg von unwirtschaftlichen Projekten wie der Netzeitung trennen, die künftig zu einem automatisierten Nachrichtenportal entwickelt werden soll.

Konstantin Neven DuMont
Konstantin Neven DuMont

promedia: Herr Neven DuMont, der neue Koalitionsvertrag sieht die Schaffung eines Leistungsschutzrechtes für Presseverlage vor. Ist damit eines Ihrer wichtigsten Probleme für Ihre Inhalte im Internet gelöst?
Neven DuMont: Mit der Schaffung des Leistungsschutzrechts für Verlage ist nicht das Problem selbst gelöst, sondern es gibt den Verlagen das Mittel an die Hand, das sie brauchen, um ihre Rechte durchzusetzen. Es bietet einen besseren Rechtsschutz für die ungenehmigte Nutzung von Inhalten, die originär den Verlagen gehören. Im Internet gibt es unzählige Beispiele, wie Zeitungsartikel genutzt werden, um die eigene Webseite attraktiver zu machen, Reichweite zu gewinnen oder den Abverkauf von Produkten zu verbessern. Die Nutzung von Zeitungsinhalten erfolgt aber sehr häufig, ohne dass Verlage dazu das Recht erteilt haben und ohne, dass Verlage an den Gewinnen beteiligt werden. Die redaktionellen Leistungen der Verlage erfordern einen hohen finanziellen Aufwand, den sich andere sparen wollen. Aber für die Nutzung der Verlagsleistungen muss es einen sachgerechten Ausgleich geben. Und um diesen durchzusetzen, bedarf es des Leistungsschutzrechts. Andere Branchen, wie die Musikindustrie, haben dieses Recht längst. Wenn in einer Gaststätte eine Karnevalsfeier stattfindet, die besonders aufgrund von guter Musik zu einem Erfolg wird, dann ist es nur gerecht, wenn die Musikindustrie einen Anteil an diesem Erfolg erhält. Dieses Recht muss man auch Verlagen zusprechen für ihre Inhalte. Das Recht zu erhalten allein, löst aber nicht das Problem.

promedia: Wie wollen Sie die Erlöse im Internet erhöhen?
Neven DuMont: Wir verfolgen schon seit einiger Zeit eine Strategie, verschiedene Erlöszweige im Internet zu erschließen. Dazu gehören neue eCommerce-Kooperationen, bei denen wir direkt vom Nutzer Geld für Leistungen erhalten, die wir bieten. Das kann z.B. eine attraktive Spiele-Plattform sein oder direkte Erlöse aus dem Online-Shop. Darüber hinaus setzen wir bei zukünftigen Erlösen stark auf den Mobile-Bereich, in dem die Zahlungsbereitschaft der Nutzer deutlich höher ist als im Internet. Interessant wird für uns auch die zunehmende Verbreitung von eReadern, auf denen wir gegen Entgelt digital unsere Inhalte zur Verfügung stellen. Ein Pilotprojekt mit Sony und libri gemeinsam mit der „Frankfurter Rundschau“ startet in Kürze. Auch dem Thema Paid Content widmen wir uns derzeit intensiv.

promedia: Auch das Pressekartellrecht soll überprüft werden. Diese Forderung existiert ja schon seit einigen Jahren. Sehen Sie diese Notwenigkeit immer noch?
Neven DuMont: Ja, auf jeden Fall. Unser Kartellrecht hat seine Wurzeln in den 70er Jahren und legt den Zeitungsverlagen Sonderbeschränkungen auf, wie keiner anderen Branche. Gerade in der schwierigen wirtschaftlichen Lage ist die Lockering des Kartellrechts wichtig für uns.

promedia: Was müsste am Pressekartellrecht geändert werden?
Neven DuMont: Die Zusammenarbeit von Zeitungsverlagen muss in allen Bereichen erleichtert werden. Ansonsten können die Verlage gegen die international agierenden Onlineunternehmen und die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten nur schwer bestehen.

promedia: Ihr Verlag ist in diesem Jahr durch den Zukauf der Berliner Zeitungsgruppe stark gewachsen. Wie sehr belastet Sie die gegenwärtige Krise mit rückläufigen Werbeeinnahmen?
Neven DuMont: Die Wirtschaftskrise belastet unsere Standorte unterschiedlich stark, aber sie ist in allen Häusern zu spüren. Unsere Erlöse sind stark rückläufig, im Anzeigengeschäft gibt es ein Minus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das müssen wir auffangen. Zudem belastet uns die Verschiebung der Werbegelder ins Internet.

promedia: Durch welche anderen Geschäftsfelder lassen sich diese Ausfälle kompensieren?
Neven DuMont: Der Bundesanzeiger Verlag, der Hörfunk, die Briefzustellung und auch die Anzeigenblätter entwickeln sich gut. Der DuMont Buchverlag hat in den letzten anderthalb Jahren mehrere sehr erfolgreiche Bücher herausgegeben.

promedia: Es existiert beim Berliner Verlag nen Nachholbedarf bei Investitionen.Wird Ihr Investitionsprogramm nun gestreckt?
Neven DuMont: Wir investieren in Redaktionssysteme sowohl Print als auch Online.

promedia: Einige Ihrer Pläne für Synergien zwischen den Titeln haben für Aufregung gesorgt. Wie sieht Ihr Konzept nach den Erfahrungen und Diskussionen der letzten Monate heute aus?
Neven DuMont:
Wir befinden uns noch in der Planungsphase. Konkrete Entscheidungen möchten wir erst einmal mit unseren Mitarbeitern besprechen.

promedia: Wie weit kann man die inhaltliche Zusammenarbeit, ohne die Marke zu beschädigen?
Neven DuMont: Jede Zeitung soll ihr eigenes Profil erhalten. Dort wo es Sinn macht, werden die Inhalte gemeinsam organisiert. Aber besonders bei regionalen Themen und bei verschiedenen überregionalen Themen muss die Seele des Blattes gewahrt werden. Die Leser unserer Blätter sollen von der Kompetenz der Gruppe profitieren, aber ihre eigene aber ihre eigene Zeitung behalten.

promedia: Wie überregional soll sich die „Berliner Zeitung“ als Hauptstadtzeitung positionieren?
Neven DuMont: Die „Berliner Zeitung“ hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in der Region. Wenn sie darüber hinaus nationale Beachtung bekommt, freuen wir uns natürlich.

promedia: Sie haben mit „ Dichter dran“ für die „Berliner Zeitung“, „Frankfurter Rundschau“, „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Kölnische“ Rundschau zur diesjährigen Frankfurter Buchmesse erstmals ein gemeinsamesLiteratur-Magazin herausgebracht. Wie waren Ihre Erfahrungen?
Neven DuMont: Die Literatur-Beilage unter Projektleitung der „Frankfurter Rundschau“ zeigt, dass die Zusammenarbeit der Zeitungen der Mediengruppe zu einer Qualitätssteigerung im Angebot der einzelnen Titel führt. Zudem wurde die Beilage von Anzeigenkunden national gut angenommen und war somit auch wirtschaftlich erfolgreich. Diese Zusammenarbeit hat durchaus Modellfunktion für uns.

promedia: Mit dem „Express“, der „Hamburger Morgenpost“ und dem „Berliner Kurier“ verfügen sie über drei Boulevardtitel. Ist es denkbar, dass diese drei künftig unter einer Marke, z.B. „Express“ erscheinen und aus einer Redaktion erstellt werden- mit regionalen Innenseiten?
Neven DuMont: Denkbar ist zunächst einmal alles. Die regionale Marke darf aber auf keinen Fall beschädigt werden.

promedia: Sie besitzen in Deutschland acht Tageszeitungen an fünf Standorten. Erweist sich dieses Standortsplitting in der gegenwärtigen Krise nicht als Nachteil?
Neven DuMont: Nein, überhaupt nicht. Gerade in der Krise ist die Konzernstruktur mit fünf Abozeitungen und drei Boulevardzeitungen von Vorteil. Wir können Ressourcen, wo immer es sinnvoll ist, gemeinsam nutzen. Die räumliche Distanz ist nicht von Nachteil.

Über Neven DuMont:

  • Geboren: 11. November 1969
  • 1994 Universitäts-Abschluß an der School of Journalism and Communication, Oregon, USA
  • 1995 Eintritt in den Verlag M. DuMont Schauberg
  • 1998 Ernennung zum Gruppengeschäftsführer für die Redaktionen des Verlages M. DuMont Schauberg
  • 2004 Ernennung zum Sprecher der Geschäftsleitung des Unternehmensbereichs Köln
  • Januar 2009 Ernennung zum Vorstand der Mediengruppe DuMont und zum Herausgeber von Kölner Stadt-Anzeiger und Mitteldeutsche Zeitung

Weitere Informationen: promedia

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